Magazin 10: Experteninterview | Emma Stewart über NEW WORK

Ohne New-Work-Angebote finden Firmen keine Talente

Emma Stewart ist Mitgründerin von Timewise, einer Beratungsfirma für flexibles Arbeiten und unterstützt Unternehmen dabei, moderne Arbeitsmodelle umzusetzen. Sie erklärt, was Unternehmen bei neuen Konzepten falsch machen, warum es ohne nicht mehr geht und wie sogar Branchen davon profitieren können, in denen es auf den ersten Blick schwierig ist.

Emma Stewart ist Entwicklungsdirektorin bei Timewise, einem Sozialunternehmen in Großbritannien, das sich auf flexibles Arbeiten spezialisiert hat. Sie berät Unternehmer:innen dabei, möglichst innovative Lösungen für die moderne Arbeitswelt zu finden. Zuvor hat sie Women Like Us mitgegründet, in der Privatwirtschaft gearbeitet und war beim Dokumentarfernsehen beschäftigt.

Frau Stewart, viele Arbeitnehmer:innen wollen heute anders arbeiten. Wie drückt sich das aus?

Wir erleben gerade einen Wandel: Von 9-to-5 hin zu flexiblen Arbeitszeiten, die zu den eigenen Umständen passen. Von Arbeit an einem festen Arbeitsplatz hin zum Arbeiten, von wo aus man will. Vom Arbeiten als Mittel, nur um Geld zu verdienen, hin zum Arbeiten für ein größeres Ziel oder Purpose. Die Menschen wollen Zugehörigkeit und Werte fühlen, aber in erster Linie wollen sie als Individuen wahrgenommen und respektiert werden.

Sie beraten Unternehmen, wenn es darum geht, New-Work-Konzepte umzusetzen. Welche Fehler machen viele?

Das System und die Prozesse hängen der Geschwindigkeit der Veränderung hinterher. Neun von zehn Leuten in Großbritannien wollten schon vor der Pandemie flexibel arbeiten, sechs von zehn Unternehmen boten das an, doch nur drei von zehn Unternehmen warben damit. Das hat sich leicht verändert, aber nicht viel. Die meisten  Unternehmen sind nur sehr vage in ihren Stellenbeschreibungen, wenn es um flexibles Arbeiten geht, oder sie betreiben ein „Flex-Washing“. Dann heißt es beispielsweise, dass  man generell offen sei für neue Arbeitszeiten oder Anpassungen, was am Ende aber so nicht stimmt. Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Hälfte der Kanditat:innen eine  Jobanzeige wegklickte, wenn darin vage von flexibler Arbeit die Rede war. Wenn spezifisch erwähnt wird, was möglich ist, beispielsweise eine Drei-Tage-Woche oder ein  späterer Start in den Arbeitsalltag, dann zieht das Talente an. Ohne New-Work-Angebote finden Firmen keine Talente.

Was können Firmen besser machen?

Bewerber:innen brauchen klare Aussagen über die flexiblen Angebote, beispielsweise: In unserem Unternehmen dürfen Sie zu jeder Tageszeit arbeiten oder von wo aus Sie wollen. Das Gleiche gilt für andere Aspekte von New Work: Wir ermutigen Unternehmen zu zeigen, wie divers und inklusiv sie arbeiten und dass sie ihren Purpose herausstellen. Und wozu wir immer ermutigen, weil es wichtig ist: Reflektieren Sie darüber, was wirklich in Ihrer Firma vor sich geht. Wenn Leute gehen, wissen Sie, warum sie gehen? Und wenn sie gehen, weil sie nicht frei genug arbeiten können, sich nicht wertgeschätzt fühlen oder keinen Sinn in ihrer Arbeit sehen, müssen Sie das zuerst in den Griff bekommen, bevor Sie sich um neue Arbeitnehmer:innen bemühen.

Flexibles Arbeiten wird von einigen Führungskräften kritisch gesehen. Was entgegnen Sie denen?

Neu und anders zu arbeiten, bedeutet immer, das bisherige herauszufordern. Sie müssen Normen und Stigmata, die sich über lange Zeit etabliert haben, brechen. Oft heißt es beispielsweise, das flexibles Arbeiten nur für den oder die Arbeitnehmer:in einen Vorteil bringen würde, nicht aber für das Unternehmen. Das ist falsch, wie zahllose Studien zeigen. Teilzeitkräfte oder solche, die zu flexiblen Uhrzeiten arbeiten, sind mindestens genauso produktiv oder sogar produktiver als ihre 9-to-5-Kollegen. Das müssen die Verantwortlichen verstehen und das Narrativ ändern.

 

Laden Sie sich das aktuelle Magazin herunter und lesen Sie das gesamte Interview.

Hier können Sie das Magazin kostenfrei downloaden:
Füllen Sie zum Erhalt der Magazinausgabe das Kontaktformular aus. Im Anschluss erhalten Sie die gesamte Ausgabe per Mail.