CONSULTING.de - Frauen im Consulting: Simone Sofia Hilbring, INVERTO

Frauen im Consulting: Simone Sofia Hilbring, INVERTO

„Es ist ganz wichtig, das Selbstverständnis zu haben, dass eine Frau genauso in die Führungsetage eines Unternehmens gehört“

Simone Sofia Hilbring ist als Principal bei INVERTO tätig. Sie ist davon überzeugt, dass ein Perspektivwechsel passieren muss und Unternehmen nicht weiter so geführt werden können, wie in den letzten 20 Jahren. Welche Ratschläge hat sie, um die Gleichbehandlung in der Consultingbranche zu fördern?

Sie haben in Maastricht International Business studiert. Was war der Grund, dass Sie sich dann für die Consultingbranche entschieden haben?

Mich hat die Dynamik, die dieser Beruf mit sich bringt, total angezogen. Ich wusste, dass ich raus in die Welt will, möglichst viele verschiedene Unternehmen und Menschen kennenlernen. Deswegen habe ich mich dann nach dem Studium direkt für die Unternehmensberatung entschieden.

Welche Rolle spielen Mentorinnen und Vorbilder in Ihrer Karriere, und wie haben Sie Ihnen geholfen?

Ich muss ehrlich sagen, dass ich so direkt keine weiblichen Mentorinnen oder Vorbilder hatte. Männliche? Definitiv. Und immer noch habe. Aber ich hole mir das auch aus anderen Bereichen, nicht allein aus der eigenen Branche. Das Schöne an dem Job ist ja, dass man unheimlich viel herumkommt, viele Unternehmen und viele Führungspersönlichkeiten trifft. Wenn man genau hinschaut, kann man sehr, sehr viel für sich selbst lernen und mitnehmen. Dann ist es eigentlich egal, ob männlich oder weiblich.

Wie können Frauen in der Consultingbranche dazu beitragen, eine positive Arbeitsumgebung zu schaffen, die gleiche Chancen und Gleichbehandlung fördert?

Zum einen glaube ich, dass Frauen für sich Netzwerke schaffen müssen. Sie müssen sich zusammentun, egal ob formell oder informell, und im konstanten Austausch miteinander sein. Frauen, die in der Karriereentwicklung schon weiter und in der Führungsebene angekommen sind, tragen die Verantwortung. Es ist an ihnen, die Lanze zu brechen, Diskussionen mit den anderen Verantwortlichen zu führen und jüngere Kolleginnen zu fördern. Das kann in einer männerdominierten Umgebung schon mal etwas schwierig sein.

Aber ich glaube, das muss frau mit einer gewissen Konsistenz einfach vorantreiben. Und zum anderen kommt jede Frau mit einer individuellen Verantwortung ins Unternehmen.

Es ist ganz wichtig, als Frau das Selbstverständnis zu haben, dass eine Frau genauso in die Führungsetage eines Unternehmens gehört wie ein Mann auch.

Und es geht darum zu verstehen, dass da ein Perspektivwechsel und ein anderes Verständnis einfach passieren und angenommen werden müssen, sodass Frauen auch die Möglichkeit haben zu performen.

Ihrerseits müssen Frauen auch klar kommunizieren, dass sie nach oben wollen und Fragen stellen. Die männlichen Kollegen in der Führungsetage wiederum sollten zuhören und verstehen, was es braucht, um Unternehmen in diese Richtung weiterzuentwickeln.

Was wünschen oder erwarten Sie von Ihren männlichen Branchenkollegen, um Chancen und Gleichbehandlung zu fördern?

Aus meiner Erfahrung heraus sehe ich, dass viele männliche Kollegen immer noch sehr nah an den traditionellen Strukturen sind, nicht bewusst, sondern eher unbewusst. Aber wenn man wirklich Frauen in die Führungsebene oder überhaupt erst einmal in die Beratung holen will, dann bedeutet das, dass man etwas anders machen muss als bisher.

Man kann Unternehmen nicht so führen, wie man es in den vergangenen 20 Jahren getan hat, und erwarten, dass sich etwas ändert. Man muss für die nächsten 20 Jahre etwas anders machen.

Es geht darum, den Mut zu haben, progressiver zu sein und Dinge zu probieren. Und meine Erwartung ist da einfach, dass die männlichen Kollegen noch mehr zuhören, noch mehr versuchen zu verstehen, was man tatsächlich anders machen kann, um es dann gemeinsam umzusetzen.

Sie sind seit fast 10 Jahren bei INVERTO tätig. Was macht dieses Unternehmen richtig, was sich andere Unternehmen abschauen könnten?

Was sich andere Unternehmen abschauen können, sind eine echte, glaubwürdige Identität und Charakter. Das konnte ich über die zehn Jahre immer spüren, dass das den Gründern wirklich ein großes Anliegen war. Hinzu kommt, dass für mich alle Türen hier immer offenstanden. Egal um welche Themen es ging, hatte ich immer sehr vertrauenswürdige Anlaufstellen und habe zudem auch immer Möglichkeiten bekommen, mich weiterzuentwickeln.

Sie haben die Initiative Women at INVERTO mitbegründet und wurden dafür auch ausgezeichnet.  Was versprechen Sie sich davon, mehr weibliche Beraterinnen in die Branche zu holen?

Ich glaube, dass wenn Frauen in der Branche sind und unsere Teams diverser werden, wir einfach viel besser performen und zugleich resilienter sind.

Außerdem glaube ich, dass die inhaltliche Arbeit durch verschiedene Blickwinkel mehr Spaß macht. Und es geht auch einfach darum, dieses Selbstverständnis zu haben, dass Frauen in die Beratung gehören wie Männer auch. Und dass eine Frau genauso in die Führungsetage gehört wie ein Mann auch.

2018 haben Sie sich ein halbes Jahr Auszeit gegönnt. Was hilft Ihnen, im Alltag eine gute Freizeit und Berufsleben in Balance zu bringen?

Ich weiß ganz genau, welche Dinge im Leben ich brauche, um glücklich und zufrieden zu sein. Das heißt für mich, wenn ich off bin, dann bin ich das wirklich zu 100 Prozent. Und wenn ich arbeite, dann bin ich 100 Prozent bei der Arbeit. Für mich ist das genau der Schlüssel, um Freude am Job zu haben und performen zu können. Und auch, um meine volle Kraft geben zu können, wovon Kunde, Projekt und Kolleg:innen dann profitieren.

Was ist der wichtigste Ratschlag, den Sie Neueinsteigerinnen in der Consultingbranche geben können?

Es sind eigentlich drei Sachen: Die erste ist ein Selbstverständnis von sich zu haben, dass frau das, was sie erreichen möchte, auch erreichen kann und – damit in Verbindung – sich auch früh an die Front traut. Es gibt nichts, auf das man warten oder zuerst erreicht haben muss.

Daran schließt sich der zweite Punkt an: zu fragen und Dinge einzufordern. Wer eine klare Vorstellung hat, wo man hinmöchte oder welche Chancen man haben möchte, sollte danach fragen und in den Dialog mit den Verantwortlichen gehen. Ich glaube, das machen Frauen zu wenig.

Der dritte Punkt ist, Verantwortung zu übernehmen, nicht zu warten, dass sich etwas verändert, bis der Weg geebnet ist, sondern ganz aktiv Verantwortung mitzuübernehmen. Die Realität in einem Unternehmen mitzukreieren und Strukturen zu formen und ganz aktiv mitzugestalten. Ich glaube, dass viele Unternehmen sehr offen und wertschätzend so einer Einstellung gegenüber sind.

Was sind Ihre Zukunftsvisionen für Frauen in der Consultingbranche, und welche Schritte müssen unternommen werden, um diese Visionen zu erreichen?

Meine Vision ist, dass Frauen so normal in der Unternehmensberatung sind wie es Männer heute sind – auch mit Blick auf die Führungsebenen.

Notwendig ist, dass Unternehmensberatungen in der Führung progressiver werden. Und ich glaube, es ist auch wirklich wichtig, dass jedes Individuum in der Unternehmensführung sich der eigenen Verantwortung bewusst wird. Das fängt an bei den eigenen Gedanken und bei der eigenen Wertvorstellung und dem Hinterfragen des Status quo an und geht bis hin zur individuellen Handlung. Daran schließt sich die kollektive Umsetzung an, was sich in eine progressivere Unternehmensführung übersetzt, sodass dann eine fokussierte Frauenförderung irgendwann mit der Zeit einfach obsolet wird.

Quelle: CONSULTING.de 05.04.2023

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