Eine vollständige Regionalisierung wird nur in den wenigsten Fällen sinnvoll sein. Zum einen da bestimmte Rohstoffe eben nur in bestimmten Regionen vorkommen oder dort hauptsächlich gefördert und verarbeitet werden. Auch bestimmte Vorlieferanten sitzen teilweise mehrheitlich an einem Ort, weil sich dort ein Cluster gebildet hat. Das darf bei der Planung einer Regionalisierung nicht außer Acht gelassen werden, denn eine Verlagerung der eigenen Produktion ist wenig sinnvoll, wenn mehrheitlich Rohstoffe aus dem asiatischen Raum benötigt werden. Gerade mit Blick auf Seltene Erden wird eine gewisse Abhängigkeit von Lieferanten nicht zu vermeiden sein, auch bei der Chip- bzw. Halbleiterproduktion wird der Westen noch mehrere Jahrzehnte brauchen, um ausreichend eigene Produktionsstandorte aufzubauen. Zum anderen ist ein Multi-Sourcing-Ansatz auch das wirksamste Mittel, um Lieferkettenrisiken zu diversifizieren.
Was also tun? Das Ziel ist, einen gesunden Mix aus regionalen, nationalen und internationalen Lieferanten zu schaffen. Wo immer eine Regionalisierung umsetzbar und ökonomisch sinnvoll ist, kann diese in Betracht gezogen werden. Macht es aus ökonomischen Gründen, etwa wegen sehr geringer Lohnkosten, Sinn, einen Teil der Produktion im nahen Ausland zu belassen, kann auch das ein Baustein der Strategie sein. Für Rohstoffe und Vorprodukte, die trotz langer Lieferzeit und hoher Abhängigkeit von einer Region nicht anders zu beschaffen sind, sollte das Ziel sein, eine möglichst resiliente Lieferkette über Kontinente hinweg zu schaffen und Maßnahmenpläne für mögliche Störungen zu entwickeln.
Schritt 4: Partnerschaften etablieren
Neben der Abhängigkeit von bestimmten Regionen beispielsweise bei Rohstoffen, können sich auch Probleme ergeben, weil bestimmte Vorprodukte gar nicht regional verfügbar sind. Dies gilt z. B. für Textilien oder Inhaltsstoffe für Kosmetik und Pharma, bei denen asiatische Märkte dominierend sind. Um sich von dieser Abhängigkeit zu lösen, kann es sinnvoll sein eigene Kapazitäten vor Ort aufzubauen.
Doch solche Projekte sind planungs- und zeitintensiv. Eine Produktion von Batterien für Elektrofahrzeuge wie sie etwa Stellantis, Mercedes und Total in Frankreich aufbauen, ist mit großen Investitionen und weiteren Risiken verbunden. Diese können durch Kooperationen und Partnerschaften minimiert werden. Als Partner können beispielsweise Lieferanten dienen, mit denen bereits in anderen Teilen der Welt Produktionsstätten aufgebaut wurden. Darüber hinaus sollten sich Unternehmen innerhalb der Branche austauschen und mit Interessensverbänden prüfen, ob solche Vorhaben mit anderen Unternehmen umsetzbar sind, um Investitions- und Planungsrisiken zu teilen.
Schritt 5: Implementierung
Sind all diese Überlegungen getroffen, geht es im letzten Schritt um die unternehmensweite Umsetzung der Strategie. Dazu gehört zunächst die Einführung der neuen Strategie bei einzelnen Warengruppen, die künftig als Leuchtturmprojekte dienen können. Funktioniert eine Umstellung oder Erweiterung der Lieferkette auf zusätzliche Lieferanten in der Nähe gut, kann das der Ausgangspunkt für weitere Verlagerungen sein.
Eine ständige Erfolgskontrolle ist fortan nötig. Dazu gehört neben dem Monitoring gänzlich neuer Lieferanten in der Lieferkette der Austausch mit bestehenden Lieferanten, die neue Produktionskapazitäten für das eigene Unternehmen aufgebaut haben oder noch ausbauen wollen. Da eine solche Umstellung immer mit Risiken einhergeht, ist es wichtig, sich mit Steuerungsinstrumenten abzusichern. Diese schaffen einerseits Transparenz und die Möglichkeit einzugreifen, sollten sich bei der Implementierung Probleme ergeben. Andererseits sichern sie Lerneffekte und Best-Practices, die bei weiteren Initiativen hilfreich sein können.. //