Wirtschaftswoche - Warum ein winziger Autozulieferer gerade VW-Bänder stilllegt

Fehlende Motorteile aus Slowenien

Warum ein winziger Autozulieferer gerade VW-Bänder stilllegt

Volkswagen drosselt wegen fehlenden Motorteilen aus Slowenien seine Fertigung – seit dieser Woche auch im Werk Wolfsburg. Zuvor musste der Autobauer schon an den Standorten Emden und Osnabrück die Produktion anpassen. Und das portugiesische Werk in Palmela bei Lissabon hatte sogar angekündigt, die Montage ab diesem Montag für bis zu zwei Monate komplett zu stoppen. Die Beschäftigten seien vorübergehend bei Weiterzahlung ihrer Löhne entlassen.

Grund ist das jüngste Hochwasser in Slowenien, von dem ein Zulieferer von Motorteilen betroffen war. Nach Konzernangaben fehlen daher nun Zahnkränze für den Antriebsstrang für Verbrennungsmotoren. Daher sind auch keine E-Autos von den Engpässen betroffen.

Medienberichten zufolge hängen die Ausfälle vor allem am slowenischen Zulieferer KLS Ljubno – ein kleines Unternehmen im Norden des Landes, das 250 Mitarbeiter beschäftigt. Sie produzieren die besagten Zahnkränze, die letztendlich hauptsächlich in Volkswagen-Modellen landen und eben ein wichtiger Bestandteil für Verbrennungsmotoren sind. Wie kann es sein, dass ein winziges Unternehmen einen Weltkonzern lahmlegt?

„Die Automobilindustrie ist auf größtmögliche Kosteneffizienz ausgerichtet. Das bedeutet, dass es bei Teilen wie Zahnkränzen, die als unkritisch wahrgenommen werden, kaum Lagerhaltung gibt“, erklärt Paul Zahn, Autoexperte der Beratung Inverto, die auf Lieferketten spezialisiert ist. Durch die Just-in-Time-Produktion sei der kleine Sicherheitsbestand, den die Unternehmen vorhalten, schnell verbraucht.

Warum Autobauer oft keine alternative Lieferquelle haben

Oft sichern sich Autobauer über Lieferbeziehungen zu mehreren Autozulieferern ab – warum nicht auch bei Zahnkränzen? „Tatsächlich gibt es in der Autoindustrie oft keine Second Source – nicht einmal für so unscheinbare Teile wie Zahnkränze“, sagt Zahn. Wieder, um Kosten zu sparen: Denn je größer die Menge ist, die ein Hersteller von einem Lieferanten bezieht, desto günstiger sind die Produktionskosten, weil der Lieferant seine Maschinen optimal auslasten kann. Das Investment in Anlagen, Maschinen und Werkzeuge wird auf eine höhere Stückzahl umgelegt und fällt dadurch weniger ins Gewicht, erklärt Zahn. „Gäbe es für ein Teil zwei Lieferanten, müsste der zweite Lieferant ja ebenfalls in das gleiche Equipment investieren, die Abnahmemenge wäre aber die gleiche – folglich müssten beide Lieferanten einen höheren Preis verlangen.“ Hinzu kommen Kosten für Produktentwicklung und Industrialisierung, die dann ebenfalls doppelt gezahlt werden müssten.

Ein zweiter wichtiger Punkt sind die notwendigen Freigaben in der Automobilindustrie. Trotz der Plattformen, die Basis für verschiedene Modelle sind, seien Autos sehr individuelle Produkte. Für einen Motortyp wird jedes Bauteil eigens designt, angefertigt und homologiert. „Deswegen kann man nicht einfach schnell Ersatz beschaffen, wenn ein Lieferant außerplanmäßig ausfällt.“

Fehlende Teile bei Volkswagen: „Ende des Jahres ist das Thema ausgestanden“

Von den Ausfällen in Wolfsburg, wo vor allem Golf und Tiguan gebaut werden, sind einem Konzernsprecher zufolge abwechselnd alle vier Montagestrecken betroffen. „Die reduzierte Fahrweise gilt zunächst für drei Wochen.“ Es gehe dabei aber immer nur um einzelne Schichten. „Es gibt keinen Tag, an dem alle Schichten ausfallen und das Werk komplett ruht.“ Die betroffenen Mitarbeiter gehen in Kurzarbeit.

In Emden wurde die Fertigung bereits vor einer Woche gedrosselt. Auch in Osnabrück fallen nach VW-Angaben seit 6. September vereinzelt Schichten aus. Bei VW Nutzfahrzeuge in Hannover, wo ab dieser Woche ebenfalls Ausfälle angekündigt waren, wurde am Montag noch normal produziert, wie ein VW-Sprecher auf Anfrage erklärte. Ausfälle stehen aber auch dort bevor.

Einkaufsvorstand Dirk Große-Loheide hatte sich vergangene Woche zuversichtlich gezeigt, den Lieferengpass zügig beheben zu können. Bis Ende September werde man einen Plan haben, wie es weitergehen soll, kündigte er am Rande der Automesse IAA Mobility in München an. „Ende des Jahres ist das Thema ausgestanden.“

Quelle: Wirtschaftswoche vom 13.09.2023

Autoren: Svenja Gelowicz

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