BME Start-Up Crunch

Spannende Ansätze, frische Ideen und neue Impulse für Einkauf und Supply Chain Management – der BME Start-Up Crunch im Februar war ein voller Erfolg. 11 Procurement-Start-Ups stellten sich und ihre Geschäftsmodelle in Kölns Ulrepforte vor. Als offizieller Sponsor der Veranstaltung möchten wir die interessantesten Konzepte näher vorstellen…

Als Experten für Einkauf und Supply Chain Management werden wir immer wieder gefragt, welche Rolle digitale Tools im Einkauf der Zukunft spielen und welche Möglichkeiten es heute schon gibt. Auf Basis unserer Projektarbeit wissen wir, dass es inzwischen viele Lösungen gibt, die Einkäufern und Supply Chain Managern das Leben erheblich erleichtern können. Dabei ist die Antwort auf die Frage des richtigen Tools immer individuell und Ergebnis einer dedizierten Einkaufs-Digitalstrategie.

Als Impuls zur Diskussion des digitalen Einkaufs der Zukunft haben wir einige der Anbieter, die sich auf dem Start-Up Crunch präsentierten, eingeladen: Erklärt doch unseren Lesern genauer, was Ihr macht und wofür Unternehmen diese Leistung nutzen können? Welche Hürden für Digitalisierung seht Ihr bei Unternehmen? Und natürlich: Warum ist gerade Euer Angebot das Must Have für den Einkauf der Zukunft? Das dritte Interview führten wir mit Klaus Wiesen, CEO von sustainabill.

Interview mit Klaus Wiesen

„Unternehmen müssen die ökologischen und sozialen Risiken in ihren Lieferketten erkennen“

Sustainabill hilft Unternehmen, ihre Lieferketten zu verstehen und Risiken darin aufzuspüren. Das StartUp hat sich dabei besonders auf das Thema Nachhaltigkeit spezialisiert. Gründer und Geschäftsführer Klaus Wiesen war Wissenschaftler am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Mit dem im Mai 2017 gegründeten Unternehmen setzt er sein Expertenwissen in die Praxis um. Sustainabill beschäftigt heute 10 Mitarbeiter.

1) Bitte erläutern Sie unseren Lesern kurz, was sustainabill macht.

Wir helfen Unternehmen herauszufinden, wer ihre Vorlieferanten sind, wo ihre Rohstoffe herkommen und welche Nachhaltigkeitsrisiken sich in der Lieferkette ihrer Produkte verbergen. Dafür haben wir eine Plattform aufgebaut, auf der sich Lieferanten und Abnehmer registrieren. Diese Daten sind dann aber nicht öffentlich zugänglich, sondern jeder Teilnehmer kann bei einer Anfrage entscheiden, ob und welche Informationen er mit anderen Lieferketten-Partnern teilen möchte. Bei den Daten, die die Unternehmen eingeben, handelt es sich um Selbstauskünfte, die mit Dokumenten und externen Datenquellen validiert werden. Bei der Validierung wird Machine Learning zukünftig eine große Rolle spielen.

2) Wofür brauchen Unternehmen diese Leistung?

Unternehmen brauchen dieses Angebot, um Sichtbarkeit in ihre Lieferkette zu bringen und Risiken in ihren Lieferketten zu managen. Rund 90 Prozent der ökologischen und sozialen Risiken liegen beim Rohstoffabbau und der Rohstoffverarbeitung. Doch gerade dieser Teil der Lieferkette ist für die meisten Unternehmen eine Black Box. Mit Hilfe unserer Plattform werden diese Risiken für Unternehmen sichtbar. Wir beziehen immer mehr externe Informationsquellen in unsere Plattform ein, darunter Satelliteninformationen, so dass künftig auch sichtbar wird, ob zum Beispiel auf kritische Art beschaffte Rohstoffe im Spiel sein könnten. Da die Gesetzgebung immer strenger wird, wird die genaue Kenntnis der eigenen Lieferkette immer wichtiger.

3) Welche Hürden für Digitalisierung gibt es bei vielen Unternehmen?

Unternehmen haben oft Angst, sich ein Software-Tool anzuschaffen, das am Ende ihre Anforderungen doch nicht erfüllt und bei dem die Kosten womöglich ausufern. Wir sehen uns nicht als Anbieter von Software, sondern wir bieten die Dienstleistung, Lieferketten in der Tiefe zu analysieren und Daten als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung zu stellen. Die Dienstleistung führen wir mit unserer flexiblen Cloud-Lösung durch. Wir versuchen, die Einstiegshürde damit möglichst gering zu halten. Kunden können unser Angebot mit einem kleinen Projekt testen. Wenn sie die Daten dann auch in anderen Systemen managen wollen, können wir über unsere standardisierte API den Datenfluss von unserer Plattform in ihre Systeme integrieren.

4) Warum ist das Angebot von sustainabill das Must Have für das Supply Chain Management der Zukunft?

Retailer und produzierende Unternehmen, die die Nachhaltigkeit ihrer Lieferkette nicht im Visier haben, werden innerhalb der nächsten zehn Jahre als Verlierer dastehen. Konsumenten sind bereits heute bestens informiert und wollen wissen, wo ihr Produkt hergestellt wurde. Aber auch die Gesetzeslage in Sachen Nachhaltigkeit verschärft sich immer mehr. Das wird dazu führen, dass Unternehmen für Verfehlungen ihrer Lieferanten in Mithaftung genommen werden. Da in unserer globalisierten Wirtschaftswelt die Lieferketten aber zu komplex sind, um sie auf eigene Faust nur mit unternehmensinternen Mitteln zu kontrollieren, ist unsere Plattform ein notwendiges Monitoring-Tool für Unternehmen.

Außerdem im Interview:

Stephan Collisi, CEO von poolynk

Stephan Collisi, den Geschäftsführer von poolynk, erwischen wir im Auto südlich von Kassel. Das passt gut zum Geschäftsfeld seines Unternehmens: poolynk widmet sich dem Tracking von Paletten und Transportbehältern. Das Unternehmen wurde im Oktober 2016 gegründet.

1) Bitte erläutern Sie unseren Lesern kurz, was poolynk macht.

Poolynk digitalisiert das Ladungsträgermanagement von Paletten und Transportbehältern. Bisher läuft das meistens noch auf Papier, das von Hand bei der Übergabe abgezeichnet und dann irgendwann von Hand in ein Computersystem eingegeben wird. Dieser Prozess ist sehr fehleranfällig. Daher hat poolynk eine mehrsprachige und einfach zu bedienende App entwickelt. Die Übergabe funktioniert dann so, wie man es von der Paketzustellung an der Haustür kennt: Der Abnehmer unterschreibt auf dem Display, und die Daten werden zentral in einer Cloud gespeichert.

2) Wofür brauchen Unternehmen diese Leistung?

Paletten und Transportbehälter werden von Unternehmen individuell angeschafft, aber gemeinschaftlich genutzt. Schätzungen zufolge sind weltweit rund 5 Mrd. Paletten und Behälter im Betrieb, von denen pro Umlauf rund 5 Prozent verloren gehen. Wer den Schaden verursacht hat, ist oft nicht nachvollziehbar, weil eben Zettel verschwinden, Handschriften nicht lesbar sind oder Zahlendreher eingetippt werden. Mit der App kann das nicht passieren, denn der Kunde kann sich über ein Portal jederzeit einloggen und sieht genau, wo sich seine Transportmittel befinden. So kann er mit seinen Geschäftspartnern exakte Salden abstimmen.

3) Welche Hürden für Digitalisierung gibt es bei vielen Unternehmen?

Die meisten Unternehmen sind mit der digitalen Transformation überfordert, weil es eine Fülle an Möglichkeiten gibt und eine klare Strategie fehlt, wie die Dinge angegangen werden sollen. Wichtig ist, zunächst eine Strategie zu entwickeln – und dann anhand der Unternehmensziele eine Priorisierung vorzunehmen.

Unternehmen sollten weniger Angst vor der Digitalisierung haben. Denn eigentlich ist es nichts anderes als ein kontinuierlich fortgeführter Anpassungsprozess, und das macht jedes Unternehmen, das sich eine Weile erfolgreich am Markt behauptet hat, eigentlich schon immer.

4) Warum ist das Angebot von poolynk das Must Have für das Supply Chain Management der Zukunft?

Zwar sprechen wir mit unserer App ein Thema an, das sich auf einen C-Prozess bezieht, doch man muss sich klar machen, dass auf dieser Ebene sehr viel Geld, das im Wertschöpfungsprozess erwirtschaftet wird, durch Ineffizienz verbrannt wird. Das Logistik-Tracking generiert auf sehr einfachem Weg Savings, ohne dass ein Unternehmen in Hard- oder Software investieren muss. Unser Pilotkunde, eine Spedition mit 30 LKW, hat durch das Tracking im ersten Jahr 50.000 Euro gespart – und damit seinen Gewinn verdoppelt.

 

Jonas Warmbrunn, Sales Director von Pitman Solutions

Pitman Solutions unterstützt Unternehmen bei der digitalen Transformation. Das 2017 gegründete Start-Up arbeitet dabei mit verschiedenen Partnern aus der Start-Up-Szene zusammen, das 5-köpfige Team betreut aus dem Herzen Kölns heraus Unternehmen in ganz Deutschland. Die Kunden sind überwiegend Mittelständler und Hidden Champions aus dem Maschinen- und Anlagenbau.

1) Bitte erläutern Sie unseren Lesern kurz, was Pitman Solutions macht.

Wir sind ein Lösungsanbieter für die digitale Transformation von Unternehmen. Dabei arbeiten wir immer mit Partnern aus der Softwareentwicklung zusammen. Zum Beispiel arbeiten wir an Shop-Lösungen, aber nicht im herkömmlichen Sinn, sondern entwickeln die weiter für das Ersatzteilmanagement unserer Kunden. Wir beraten auch im Business Development.

2) Wofür brauchen Unternehmen diese Leistung?

Unternehmen brauchen unseren Service, um zwischen den Buzzwörtern wie Internet of Things, Industrie 4.0 oder Big Data mehr Klarheit zu bekommen. Zunächst einmal geht es um eine Standortbestimmung: Wo steht der Kunde gerade auf dem Weg der digitalen Transformation? Wir begleiten auf der ganzen Strecke. Ziel ist immer die Ressourcenschonung in Einkauf, Produktion und Service.

3) Welche Hürden für Digitalisierung gibt es bei vielen Unternehmen?

Die Brennpunkte sind der Mangel an Zeit, Personal und digitaler Strategie. Manche Unternehmen sind in Sachen Strategie schon recht gut aufgestellt, die nutzen unsere Unterstützung, um eine Agenda zu konkretisieren und umzusetzen. Andere Unternehmen hatten durch die starke Konjunktur drängendere Probleme wie Personalmangel und die Herausforderung, auf den überspannten Märkten ihren Materialbedarf zu decken – für die war Digitalisierung kein Thema. Doch jetzt, wo sich die Konjunktur abschwächt, kommt das auf die Tagesordnung. In diesem und dem nächsten Jahr müssen viele Unternehmen anfangen, ihren Wohlstandsbauch zu trainieren, um künftig gut aufgestellt und wettbewerbsfähig zu sein.

4) Warum ist das Angebot von Pitman Solutions das Must Have für den Einkauf der Zukunft?

Unser Vorteil ist ganz sicher, dass wir nicht auf eine Software oder einen Arbeitsbereich festgelegt sind, sondern dass wir durch unser Partnernetzwerk flexibel sind und in ganz verschiedenen Bereichen unterstützen können. Kunden sollen unsere Lösungen schnell einführen und nutzen können, so ein Digitalisierungsprojekt darf nicht eineinhalb Jahre dauern. In vielerlei Hinsicht ist unsere Gesellschaft in der Digitalisierung im Privatleben weiter als in Unternehmen – zum Beispiel beim Onlineshopping oder im Medienumgang. Tools für Endkonsumenten sind alle einfach und intuitiv zu bedienen. Das sollte bei Lösungen für Unternehmen genau so einfach sein.

 

Sie möchten mehr auch über andere Start-Ups des Abends erfahren? Dann schauen Sie in den kommenden Wochen regelmäßig bei uns vorbei – wir haben weitere Gespräche geplant. Lassen Sie uns auch gern wissen, wir Ihr Weg in den Einkauf 4.0 aussieht. Wir freuen uns über Ihren Diskussionsbeitrag auf LinkedIn!