Agilität
Agilität ist ein Merkmal des Managements einer Organisation, flexibel und darüber hinaus proaktiv, antizipativ und initiativ zu agieren, um notwendige Veränderungen einzuführen. Wikipedia
Der Einkauf hat in den letzten 20 Jahren massive Veränderungen erfahren – und ein Ende der Entwicklungen ist nicht in Sicht. Wohin geht die Reise und was wird in Zukunft wichtig?
Chamäleons gelten als Meister der Veränderung. Kaum ein anderes Tier passt sich so gut seiner Umgebung an wie die bis zu 80 Zentimeter großen Reptilien. Je nach Vegetation oder Lichtverhältnissen können sie steuern, wie hell oder intensiv ihre Hautfarbe ist. Und so ist es ihre Agilität, die den Tieren nicht nur ihr Überleben sichert, sondern mit der sie auch ihr Revier gegen Konkurrenten verteidigen oder Partner anlocken.
Agil zu handeln gilt auch als eine der wichtigsten Fähigkeiten für erfolgreiche Einkaufsabteilungen. Auch diese müssen sich veränderten Gegebenheiten und Bedürfnissen anpassen und die Einkaufsstrategien immer wieder neu ausrichten. Interne und externe Veränderungen spielen sich im aktuellen Umfeld sehr dynamisch ab, und der Fokus der Unternehmen kann sich kurzfristig verändern.
Demgegenüber hatte die Steuerung der externen Wertschöpfung vor 20 Jahren einen geringeren Stellenwert. Der Einkauf wurde häufig nicht in Verbindung mit der Unternehmensstrategie betrachtet, sondern war eher eine ausführende Serviceabteilung. Fachabteilungen beauftragten neue Teile, Mitarbeiter der Einkaufsabteilung verglichen einige spezielle Angebote miteinander und lösten den Bestellauftrag aus. Die reibungslose Bestellabwicklung zum wettbewerbsfähigen Preis stand im Vordergrund und die strategische Zusammenarbeit mit ausgewählten Lieferanten war eine Seltenheit.
Agilität
Agilität ist ein Merkmal des Managements einer Organisation, flexibel und darüber hinaus proaktiv, antizipativ und initiativ zu agieren, um notwendige Veränderungen einzuführen. Wikipedia
Die gestiegene Relevanz des Einkaufs hängt mit der Neugestaltung von Arbeitsweisen innerhalb von Organisationen und auch der Kooperation mit Kunden zusammen.
Strategische Anforderungen rücken in den Vordergrund
Heute, 20 Jahre später, hat sich die Sicht auf den Einkauf als wichtigen Wettbewerbsfaktor grundlegend geändert. Aus Bestellabwicklern mit Katalogen und Faxgeräten werden strategische Experten, die den Einkauf über automatisierte Plattformen und in Zusammenarbeit mit internen und externen Stakeholdern steuern.
Dies ermöglicht dem Einkauf, mehr Wertschöpfung durch Innovation und Nachhaltigkeit zu liefern, flexibler zu agieren und Lieferketten auch in Krisenzeiten zu stabilisieren. Er nimmt damit eine wichtige Rolle für das Krisenmanagement ein.
Neubewertung der Unternehmensziele: Impuls für den Einkauf
Die gestiegene Relevanz des Einkaufs hängt mit der Neugestaltung von Arbeitsweisen innerhalb von Organisationen und auch der Kooperation mit Kunden zusammen. Eine Neubewertung des Unternehmenszwecks, des Purpose, führt häufig dazu, dass sich der Einkauf entsprechende Ziele setzt und damit seine Position im Unternehmen neu bestimmt.
Unsere aktuelle Procurement Transformation Studie zeigt, dass ein Großteil der Einkaufsabteilungen seine Rolle angesichts neuer Unternehmensziele bereits definiert hat.An oberster Stelle steht nach wie vor die Kosteneinsparung. 72 Prozent der Teilnehmer geben an, dass dies ein zentraler Schwerpunkt ihrer Arbeit ist. Daneben geben 36 Prozent die Risikoprävention als wichtigste Zieldimension des Einkaufs an, gefolgt von Sicherung effektiver Zusammenarbeit (28 Prozent) oder der Gewährleistung der Qualität beschaffter Produkte und Leistungen (27 Prozent).
Mit klaren Vorgaben steigt die Motivation. So geben in der Studie 74 Prozent der Befragten, die den Zweck ihrer Abteilung kennen, an, motiviert zu sein. Doch bezieht dies noch nicht alle Ebenen mit ein: Einkäufer ohne Führungsverantwortung ziehen lediglich zu 28 Prozent aus der klar definierten Rolle und dem Beitrag ihrer Abteilung ihre positive Motivation. Insofern ist es wichtig, Sinn und Zweck von Veränderungen gut zu begründen. Die Vision eines modernen und agilen Einkaufs sollte durch intensive Einzelgespräche vermittelt werden. Gemeinsame Trainings oder ein Coaching vermitteln spezielle neuen Arbeitsweisen. Erst individuelle positive Erfahrungen mit neuen Prozessen im Tagesgeschäft führen zu nachhaltiger Veränderung.
Der Einkauf der Zukunft hat neue Kompetenzen
Der Einkauf der Zukunft entwickelt seine Fähigkeiten entlang wichtiger Grundbausteine weiter. Führungskräfte im Einkauf sehen in den Bereichen Strategie und Veränderung der Kultur, Entwicklung von Mitarbeitern und Fähigkeiten, der Nutzung von Lieferanteninnovationen sowie Entwicklungen im Bereich Nachhaltigkeit und Verantwortung die Themen von morgen. Dies ergänzt aktuelle Prioritäten entlang von Themenbereichen wie der internen Zusammenarbeit, systematischem Sourcing und Warengruppenmanagement und vor allem dem Schwerpunkt Analytics, Datentransparenz und Datenmanagement. Dass er in all diesen Bereichen übergreifend arbeiten kann, ist das wichtigste Argument für den Einkauf, um sich intern als der Partner zu positionieren, der den Markt kennt, mit Daten unterstützt und flexibel in agilen Teams mitarbeitet. Das Lieferantenmanagement bleibt eine der Hauptaufgaben des Einkaufs. Damit stellt er die Stabilität der Lieferketten sicher und kann, falls nötig, Input zu Innovationen geben. Für eine nachhaltige Lieferkette etwa ist es essenziell, diese Bausteine weiterzuentwickeln. Doch natürlich sind auch bisherige Kernkompetenzen weiterhin wichtig, sie werden lediglich anders gehandhabt. Die Digitalisierung vereinfacht operative Prozesse enorm und lässt daher mehr Ressourcen für strategisches Arbeiten.
Mit Blick nach vorn stellt sich die Frage nach der Transformation des Einkaufs. Dabei stehen neben der Entwicklung von Teams und Mitarbeitern drei Herausforderungen im Vordergrund.
1. Schaffung agiler, reaktionsschneller Einkaufsteams:
Rahmenbedingungen verändern sich so schnell wie noch nie. Nicht nur die Digitalisierung, auch die Covid-19-Krise oder Tendenzen zu mehr Protektionismus im Handel führen zur Neubewertung von Wertschöpfungs- und Lieferketten. Vermeintlich sichere Lieferketten drohen durch Handelskonflikte auszufallen, Produktkosten können steigen. Real-time-Informationen ermöglichen häufig schnelles Handeln. Die Corona-Pandemie hat gleichzeitig gezeigt, dass effizientes Arbeiten auch remote möglich ist. Viele Mitarbeiter mussten erstmals für längere Zeit im Homeoffice arbeiten und neue Tools zum Kommunizieren mit ihren Kollegen einsetzen.
2. Der Einkauf muss Nachhaltigkeit einkalkulieren:
Es reicht nicht mehr, nur auf kostengünstige Lieferanten zu setzen. Die langfristige Versorgung des eigenen Unternehmens bezieht Umweltschutz und klimabezogene Faktoren in die Planung und Bewertung der Lieferkette mit ein. Führende Unternehmen behalten auch die Arbeitsbedingungen bei den Zulieferern im Auge, um Compliance-Fälle oder kurzfristige Schließungen zu vermeiden. Der Einkauf muss zudem die Stabilität kritischer Lieferketten bewerten und Alternativen für den Ernstfall vorhalten. Das Thema Risikomanagement bleibt in den kommenden Jahren eine der großen Herausforderungen – damit einher geht eine gezielte strategische Neubewertung kritischer Warengruppen.
3. Volle Etablierung des digital unterstützten Einkaufs:
Echtzeitinformationen schaffen weitgehende Transparenz in der Lieferkette, wenn kritische Partner einbezogen werden. Genauere Prognosemodelle erkennen frühzeitig, was interne Kunden in naher Zukunft benötigen. Die Rolle des Einkaufs ist hierbei auch die Entwicklung von Zulieferern hin zu vernetzten Partnerunternehmen. Über den Austausch relevanter Daten hinaus finden Routinetätigkeiten wie Bestellungen weitgehend automatisiert statt. Ausgehend von den entstehenden Freiräumen sollten weitergehende Aufgaben des Einkaufs im Bereich Datenanalyse oder der Nutzung technischer Expertise gestaltet werden.
Die Bedeutung der digitalen Transformation ist den Mitarbeitern des Einkaufs bewusst. 86 Prozent geben in der Studie ebendiese als wichtigsten Trend an. Doch das allein reicht nicht. Die Zusammenarbeit mit Lieferanten, um Innovationen voranzutreiben, schätzen die Studienteilnehmer ebenfalls zu Recht als wichtigen Trend ein. Denn große Neuerungen sind immer öfter nur mit der Unterstützung von Schlüssellieferanten möglich. Die Leistungsfähigkeit von Elektrofahrzeugen z. B. ist vor allem durch Innovationen jenseits der etablierten Fahrzeugarchitektur und ein komplett neues Systemverständnis geprägt. Für das gesamte Unternehmen ist es strategisch entscheidend, entlang kritischer Warengruppen und Innovationsfelder enge Kontakte zu Lieferanten zu pflegen.
Und wer könnte das besser als der Einkauf?
Einkaufsteams müssen verstehen, warum der Wandel für sie persönlich sinnvoll ist und Chancen eröffnet, und wie sie sich auf ihre veränderten Aufgaben vorbereiten können.
Die Transformation zum Einkauf der Zukunft erfordert die Klärung mehrerer Fragen zum Status quo: Welche Stellung hat der Einkauf heute? Welche Aufgaben ergeben sich aus veränderten Unternehmenszielen? Und wie weit in der Transformation ist die Funktion bereits gekommen? Die Antworten auf diese Fragen sind unternehmensspezifisch, abhängig von Kultur, Branche und Ausgangssituation. Erfolgsfaktor ist die Beteiligung aller in dem Prozess. Deshalb ist die interne Kommunikation entscheidend. Hier liegt auch nach unserer Befragung ein Defizit: Einkaufsteams müssen verstehen, warum der Wandel für sie persönlich sinnvoll ist und Chancen eröffnet, und wie sie sich auf ihre veränderten Aufgaben vorbereiten können. Die Wirksamkeit der Veränderung kommt erst in der Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen zum Tragen. Der Einkauf kann als eine der zentralen Schnittstellen im Unternehmen viele weitere Bereiche auch in strategischen Fragen unterstützen. Beispielsweise in der frühen Einbindung bei der Herstellung neuer Produkte, um dort seine Einschätzung abgeben zu können. Die enge Zusammenarbeit mit Supply Chain Management und Logistik ist zudem essenziell beim Umbau und Risikomanagement von Lieferketten.
Gleichzeitig sind die Sponsoren des Einkaufs immer noch häufig kostenorientiert und eng vernetzt mit dem operativen Geschäft. Laut Studienteilnehmern ist der Chief Financial Officer für 60 Prozent der Befragten der wichtigste Ansprechpartner. Daneben spielen COO sowie die Leiter der operativen Einheiten eine bedeutende Rolle. Einkaufsabteilungen, die das Risikomanagement verbessern wollen, sind auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Leiter der Supply Chain angewiesen. Um die Lieferprozesse insgesamt nicht nur reibungsloser, sondern auch sicherer zu gestalten, braucht es eine enge Abstimmung auch innerhalb des eigenen Unternehmens. Der Einkauf braucht Mitarbeiter, die auch in einem veränderlichen Umfeld strategische Entscheidungen treffen können. Um dazu die eigenen Mitarbeiter zu schulen und Talente zu finden, ist die enge Zusammenarbeit mit der HR-Abteilung notwendig. Die Recruiter etwa müssen die Bewertung neuer Einkaufstalente erweitern: Neben Fachwissen und praktischem Einkaufs-Know-how sind Kreativität, digitale und analytische Fähigkeiten, Teamarbeit sowie Kompetenzen im Veränderungsmanagement wichtige Kompetenzen.
Die Transformation führt den Einkauf der Zukunft über die Rolle des Beschaffers hinaus. In den vergangenen mehr als 20 Jahren hat der Einkauf seine historische Rolle, Produkte und Leistungen günstig und zuverlässig bereitzustellen, deutlich erweitert. Der Einkauf wird zum Innovationsmanager im Unternehmen – die Mitarbeiter kümmern sich um die Zusammenarbeit mit den strategischen Partnern und versuchen so, der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein. Die Digitalisierung unterstützt den Einkäufer dabei und schafft Freiräume durch transparente Daten, Tools zur Automatisierung von Prozessen sowie hochentwickelte Risikomanagement- und Frühwarnsysteme. Die größte Verlagerung der Schwerpunkte von heute auf morgen liegt damit in den Bereichen Strategie und Kultur, Menschen und Fähigkeiten und dem Innovationsmanagement der Lieferanten. Die Transformation, die vielfältigen Aufgaben des Einkaufs der Zukunft und die immer neuen Herausforderungen zeigen, dass Reaktionsfähigkeit die wichtigste Eigenschaft sein wird. Auch der Einkauf der Zukunft wird sich immer neu anpassen müssen: an neu definierte Unternehmensziele, Veränderungen innerhalb der Lieferkette oder beim strategischen Kontakt zu Geschäftspartnern – genau wie das Chamäleon.
ist Geschäftsführer im Münchener Büro von INVERTO. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung im Bereich Einkauf und Operational Excellence. Als Experte für Einkaufstransformation entwickelt er zukunftsorientierte Einkaufsstrategien für produzierende Unternehmen.
E-Mail schreibenist als Senior Project Manager bei INVERTO in London tätig. Durch Transformationsprojekte sowie Lieferantenmanagement verhilft er Kunden zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und Steigerung des Unternehmenswertes. ………………………………………………………………………………………………………………………………..
E-Mail schreibenInnovationspartnerschaften, Digitalisierung und exzellent ausgebildete Mitarbeiter – diese Trends sind laut unserer Studie zur Zukunft des Einkaufs wichtige Erfolgsfaktoren. Worauf sich Einkäufer künftig einstellen sollten …
"Einkäufer haben die Möglichkeit, global zusammenzuarbeiten, und sie können schneller auf neue Gegebenheiten reagieren."
Digitalisierung war von Anfang an bei INVERTO ein zentrales Thema. Den Gründern war klar, dass die damals noch neuen Technologien gerade für Einkauf und Supply Chain erhebliche Potenziale bieten würden. Philipp Mall, Managing Director und Leiter des Competence Centers Procurement Management sowie verantwortlich für den Digital Solution Navigator (DSN), erklärt im Interview, wie Unternehmen ihren Einkauf erfolgreich digitalisieren und welche Vorteile sie dadurch gewinnen.
Ursprung der Digitalisierung im Einkauf ist der operative Einkaufsprozess (Procure-2-Pay) mit elektronischer Anbindung der Lieferanten sowie Automatisierung von Prozessen. Danach kamen Tools zum Support des strategischen Einkaufs wie Ausschreibungsprogramme, eAuctions oder Spend Analytics. Derartige Tools werden mittlerweile fast überall eingesetzt.
Es gibt heute eine Vielzahl von Tools, der Markt ist unübersichtlich. Außerdem beobachten wir häufig eine Scheu vor den typischen Hürden bei IT-Projekten: hohe Investments und lange andauernde Projekte mit Unwägbarkeiten durch ihre hohe Komplexität und den Koordinationsbedarf nach innen und außen, etwa um Schnittstellen zu schaffen. Daher ist es wichtig, zunächst die eigene Situation zu analysieren und die möglichen Chancen zu bewerten.
Hier brauchen Unternehmen vor der Entscheidung realistische Business Cases und Markt-übersicht.
Welche Vorteile hat es überhaupt, den Einkauf zu digitalisieren? Deutliche Effizienzgewinne und eine bessere Einkaufsperformance! Der strategische Einkauf erreicht höhere Savings, weil Preisveränderungen wahrgenommen werden und generell eine höhere Markttransparenz da ist. Durch die Nutzung beispielsweise eines Katalogsystems wird das Maverick Buying minimiert. Einkäufer haben die Möglichkeit, global zusammenzuarbeiten, und sie können schneller auf neue Gegebenheiten reagieren. Zudem sind Routineaufgaben automatisiert, sodass mehr Freiraum zur Verfügung steht, um als Innovationstreiber und strategischer Partner zu agieren.
"Durch die Kooperation mit Lieferanten können Lösungen entstehen, die attraktiv für Kunden sind und gleichzeitig für beide Partner Effizienzgewinne bringen."
Innovationspartnerschaften mit Lieferanten sind künftig ein entscheidender Faktor, um Kunden hervorragende und intelligent gefertigte Produkte zu bieten. Auch umweltschonende und faire Produktion werden dabei eine Rolle spielen. Corona hat indes gezeigt, dass Einkäufer den Blick weg vom reinen Kostenfokus auch auf das Risikomanagement richten müssen. Patrick Lepperhoff, Senior Project Manager und Leiter des Competence Centers Supply Chain Management, spricht im Interview darüber, was eine gute Partnerschaft ausmacht, wie Unternehmen die geeigneten Lieferanten für Innovationsprojekte finden und wie sich das Konzept mit einem intelligenten Risikomanagement verbinden lässt.
Während die Unternehmen einen Großteil der klassischen Hebel zur Kostenreduzierung bereits angewendet und das Potenzial ausgeschöpft haben, sehen wir große Chancen entlang der Lieferketten. Durch die Kooperation mit Lieferanten können Lösungen entstehen, die attraktiv für Kunden sind und gleichzeitig für beide Partner Effizienzgewinne bringen. Dabei spielt der strategische Einkauf als zentraler Player eine wichtige Rolle, da er als Matchmaker zwischen der Entwicklungsabteilung auf der einen und den Lieferanten auf der anderen Seite fungieren kann. Wichtig ist eine tiefe Kenntnis der Kundenbedürfnisse, um frühzeitig neue Trends aufzunehmen und diese intern einzubringen.
Der Lieferant bringt sich in eine hervorragende Situation, da er detaillierte Einblicke in Trends und Entwicklungen erhält und darüber hinaus frühzeitig die Möglichkeit hat, an der Markterschließung teilzuhaben und mitzuwachsen. So entsteht eine klassische Win-Win-Situation.
Grundsätzlich kommen Lieferanten in Frage, die von sich aus intensiv daran arbeiten, ihre Produkte weiterzuentwickeln und durch ihr Engagement in der bisherigen Zusammenarbeit schon beweisen, dass sie bereit sind, in gemeinsame Projekte zu investieren. Eine solche Partnerschaft funktioniert, wenn beide Partner sich darauf einlassen, offen Erkenntnisse teilen und mit dem gleichen Mindset agieren.
Der Einkäufer muss intensiv in den internen Produktentwicklungsprozess eingebunden sein. Er sollte bereits frühzeitig über Pläne zu neuen Entwicklungen informiert sein und kann dann, auf Basis seiner Marktkenntnis, mögliche Partner identifizieren. Er benötigt also einen breiten Marktüberblick, aber auch Offenheit, um eine solche Partnerschaft anzustoßen. In Zeiten, in denen das Thema Kollaboration insgesamt relevanter wird, gilt es, bisher vorhandene Unternehmensgrenzen zu überwinden und im Sinne des gemeinsamen Vorteils abteilungsübergreifend stärker zusammenzuarbeiten.
Dann gibt es ja keine Chance, den Bedarf an anderer Stelle zu decken. Hier kommt das Risikomanagement ins Spiel. Dazu gehört, vollständige Transparenz in der Lieferkette herzustellen, also auch die Vorlieferanten meiner potenziellen Innovationspartner zu kennen. Sinnvoll ist es, Netzwerke aufzubauen, Alternativlieferanten zu identifizieren und zu qualifizieren, um nicht von einem einzelnen Anbieter oder einer einzigen Weltregion abhängig zu sein. Zugleich sollte man bereit sein, strategisch wichtige Lieferanten im Krisenfall zu unterstützen. Der Schaden wäre ja viel größer, wenn mein Partner am Ende wirklich dauerhaft ausfällt. Wir haben aber in unserer COVID-Studie gesehen, dass das nur eine Minderheit von zehn Prozent tatsächlich Lieferanten geholfen hat, während 20 Prozent noch zögerten und 70 Prozent das generell ausgeschlossen haben. Vielleicht setzt hier aber inzwischen ein Umdenken ein.
Strategisches Risikomanagement ist ja die Kunst, Risiken einen Preis zu geben und dann zu entscheiden, wie viel ich für eine höhere Sicherheit bezahlen will. In den vergangenen Jahren hat es in vielen Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle gespielt, weil im Wesentlichen alles rund lief –
abgesehen vielleicht von einigen Wetterkapriolen. Die Pandemie hat nun gezeigt, wie schnell globale Warenströme unterbrochen werden und auch gesunde Unternehmen bei unvorhergesehenen Ereignissen in Schieflage geraten können. Wer seine Lieferkette im Detail kennt, hat in so einer Situation die Chance, gemeinsam mit seinen Partnern Lösungen zu finden.
"Als Führungskraft sollten sie immer offen für Neues sein und eine hohe intrinsische Motivation mitbringen.
Um die Aufgaben der Zukunft erfolgreich zu bewältigen, braucht der Einkäufer von morgen Fähigkeiten wie Agilität, strategisches Denken und die Bereitschaft zur Kooperation. Gezielte und professionelle Trainings unterstützen Mitarbeiter dabei, diese Kompetenzen zu entwickeln. Worauf es ankommt, erklärt Frank Albrecht, Principal und Leiter des INVERTO Training Centers (ITC).
Generell benötigen Einkäufer – ob mit Führungsverantwortung oder ohne – die Bereitschaft zur Kooperation sowie die Fähigkeit, agil zu arbeiten. Als Führungskraft sollten sie immer offen für Neues sein und eine hohe intrinsische Motivation mitbringen. Aktuell ist das zum Beispiel für das Thema „remote working“, da mussten viele Verantwortliche erst lernen, wie sie die Zusammenarbeit im Team und mit Externen virtuell steuern können. In den vergangenen Jahren wurden im ITC über 5.000 Einkaufsmanager trainiert. Welche Themen werden in den Trainings angeboten? Insgesamt gibt es rund 30 Einzelthemen im Einkauf, aus denen wir Trainings, Workshops und Coachings individuell nach Kundenbedürfnissen gestalten können, zum Beispiel Verhandlungstrainings, Datenanalyse oder Risikomanagement. Tatsächlich werden das klassische Verhandlungstraining und die Entwicklung von Warengruppenstrategien am häufigsten nachgefragt.
Bei uns gibt es nichts Typisches, denn wir entwickeln jedes Training individuell nach Anforderung der Kunden. Trainingsszenarien gestalten wir so, dass die Teilnehmenden sie unmittelbar auf ihren Alltag
beziehen können. Es hilft Einkäufern im Einzelhandel ja nicht weiter, wenn es im Use Case um Rohstoffeinkauf geht. Auch in der praktischen Gestaltung orientieren wir uns am Bedarf des Kunden. Wir machen Workshops normalerweise in unseren Räumlichkeiten oder beim Kunden vor Ort. Unter den aktuellen Corona-Bedingungen bieten wir Trainings auch komplett remote an. Generell nimmt das Training im Klassenraum ab, bevorzugt wird das Coaching „on the job“, also direkt beim Teilnehmer im Büro, mit echten Aufgaben aus dem Alltag.
Ja, absolut. Insbesondere innerhalb der zu entwickelnden Warengruppenstrategien oder bei der Arbeit in crossfunktionalen Teams. Dazu gehört zum Beispiel auch das Präsentieren und Beraten, was Einkäufer sonst nicht so häufig machen. Aber wenn sie in einem aus verschiedenen Abteilungen zusammengesetzten Team neue Marktkenntnisse vorstellen sollen, müssen sie das souverän können. Grundlage für diese Kompetenzen bleibt trotzdem, dass Einkäufer ihre Märkte und Lieferanten sehr gut kennen müssen.