Private Equity Whitepaper

Best-In-Class Portfoliounternehmen: Wertsteigerungspotenziale in und nach der Krise ausschöpfen PRIVATE EQUITY

Studienergebnisse, Chancen und Handlungsempfehlungen von INVERTO

 

Private Equity Gesellschaften haben zuletzt sämtliche Hebel in Top- und Bottom-Line in Bewegung gesetzt, um der Pandemie zu trotzen und die Margen zu stabilisieren. Ein genauerer Blick offenbart jedoch, dass längst nicht alle operativen Wertsteigerungspotenziale ausgeschöpft werden. Gerade der Einkauf hat in Sachen Kostenoptimierung noch einiges zu bieten.

 

Private Equity Gesellschaften und ihre Portfoliounternehmen sind bislang überwiegend glimpflich durch die Pandemie gekommen. Dies zeigt eine im ersten Quartal 2021 von INVERTO durchgeführte Private Equity Studie. Zwar verzeichnet die große Mehrheit der PE-Gesellschaften Umsatzrückgänge in ihren Portfoliounternehmen, diese wirken sich jedoch nur bei gut der Hälfte der Teilnehmer auch in Form sinkender Gewinne aus.

Im Vergleich zur Situation vor der Pandemie agierten Private Equities zunächst deutlich defensiver. Der Fokus auf Expansion und Add-On-Akquisitionen hat im Vergleich zu 2019 an Relevanz verloren. Das ist erstaunlich, denn die Mehrheit der Befragten sieht steigende oder zumindest gleich gebliebene Investitionsmöglichkeiten in einem größtenteils preisstabilen Investitionsmarkt. Diese temporäre Defensive sowie das vorhandene ‚Dry Powder‘ fördern nun die seit dem dritten Quartal 2020 wieder steigende Investitionsbereitschaft.

Das Augenmerk der Private Equity Gesellschaften richtet sich derzeit vermehrt auf die Bottom-Line ihrer Portfoliounternehmen. Pandemiebedingt stehen Wertsteigerungsmaßnahmen mit frühzeitigem direktem Impact im Vordergrund – so zum Beispiel Verhandlungsprogramme von Konditionen im Einkauf.

sowie Zahlungszielverlängerungen. Diese Hebel sind notwendig und wirksam. Mit ihnen lassen sich schnell Ergebnisse erzielen. Ihr Wirkungsgrad ist jedoch begrenzt.

Auf lange Sicht müssen Portfoliounternehmen mit anspruchsvolleren Maßnahmen zur Kosteneinsparung aufwarten, um Potenziale im Einkauf vollumfänglich für sich zu erschließen.

Erfahren Sie welche Ansätze zur Optimierung nun in den Fokus rücken sollten und welche Aspekte zu berücksichtigen sind, um nachhaltige Kostenvorteile zu generieren.

 

Auswirkungen der Pandemie auf Portfoliounternehmen

 

Anteil finanziell betroffener Portfoliounternehmen

„Wie hoch ist der Anteil Ihrer Portfoliounternehmen, die durch Covid-19 finanziell negativ beeinflusst wurden?“

Die Mehrheit der befragten PE-Gesellschaften gibt an, dass 50 Prozent oder weniger ihrer Portfoliounternehmen finanziell negativ durch die Corona-Pandemie beeinflusst wurden. Dies spricht für diversifizierte und starke Portfolios seitens der teilnehmenden Private Equities.

Konkrete Auswirkungen durch Covid-19

„Wie wurden Ihre Portfoliounternehmen von Covid-19 beeinflusst?”

 

Betrachtet man die Auswirkungen der Coronapandemie im Detail, beklagen mehr Unternehmen Umsatzeinbußen als Gewinnrückgänge (80 versus 55 Prozent). Den Befragten scheint es demnach teils gelungen zu sein – trotz Umsatzrückgangs – den Gewinn durch Gegenmaßnahmen zu stabilisieren.

 

Steigende Investitionsmöglichkeiten bei stabilen Preisen

„Welchen Einfluss hat Covid-19 auf Ihren Dealflow?”

Haltedauer der Portfolioinvestitionen

 

 

45 Prozent der befragten PE-Gesellschaften sehen steigende Investitionsmöglichkeiten durch Covid-19 für ihren Dealflow. Dieser Entwicklung stehen – so bestätigt es gut die Hälfte der Teilnehmer – stabile Preise für Investitionen gegenüber.

Die Haltedauer der Portfolioinvestitionen bleibt im Vergleich zu 2019 von der Pandemie weitgehend unberührt und stabil. Rund zwei Drittel der PE-Gesellschaften halten ihr Portfolio weiterhin bis zu fünf Jahre, 43 Prozent darüber hinaus.

ESG Priorisierung bleibt unverändert

Ebenso von der Krise unberührt bleibt die Priorisierung eines der zukünftig wichtigsten strategischen Themen: Environmental, Social, Governance. ESG haben für die mittel- und langfristige Strategieentwicklung nicht an Relevanz verloren und sind bei der Mehrheit weiterhin eine Priorität. Dies deckt sich auch mit den Forderungen der Gesellschaft, dem Thema Sustainability größere Bedeutung beizumessen.

„War ESG vor der Covid-19-Krise eine Priorität Ihrer Portfolio-Agenda? Hat sich die Priorisierung seit Covid-19 verändert?“

 

Momentum für Top-Line und Bottom-Line-Maßnahmen

 

Covid-19 beeinflusst die von Private Equities verfolgten Wertsteigerungsansätze deutlich. Sowohl Top-Line als auch Bottom-Line Verbesserungen gewinnen an Bedeutung. Offensichtlich nehmen PE-Gesellschaften wahr, dass sie in der jetzigen Situation sämtliche Hebel in Bewegung setzen müssen, um ihre Ertragsziele zu sichern. Gerade immer wieder (drohende) Coronabedingte Schließzeiten haben ein schnelles Handeln erfordert.

Entwicklung Top- vs. Bottom-Line vor und in der Krise

Setzt man die Entwicklung von Top-Line zu Bottom-Line in den Vergleich, so zeigt sich nach über einem Jahr Pandemie, dass alle befragten Unternehmen der Bottom-Line ein höheres Potenzial für die Wertsteigerung zubilligen als noch vor zwei Jahren (+8 Prozentpunkte). Das verwundert nicht, denn während Top- Line-Aktivitäten wie Expansion oder Akquisitionen mit langfristigen Investitionen verbunden sind, geht es in den Handlungsfeldern der Bottom-Line um Einsparungen, Kostensenkungen
und die Stabilisierung des Cashflows: Maßnahmen, die zumeist frühzeitig wirksam werden. Angesichts der Coronabedingten Umstände sind diese Hebel zusammen mit einem Risikomanagement, das die wichtigsten Lieferanten umfasst, bestens geeignet, um Umsatzrückgänge und Gewinneinbrüche auszugleichen.

Top- und Bottom-Line-Maßnahmen beigemessenes Wertsteigerungspotenzial 2021

Hohes Wertsteigerungspotenzial wird in der Bottom-Line derzeit insbesondere der Digitalisierung von Prozessen (37 Prozent) und der Einkaufskostenreduzierung (34 Prozent) zugesprochen.

Vergleicht man die eingeschätzten Potenziale der verschiedenen Bottom-Line-Ansätze mit der Studie von 2019 fällt auf, dass das Thema Personalkostenreduzierung verstärkt auf die Agenda gerückt ist. Da – anders als bei klassischen Konjunkturkrisen – viele Unternehmen aufgrund der Pandemie zu Einschränkungen ihrer Geschäftstätigkeit oder gar Schließungen verpflichtet waren, ist dies nachvollziehbar. Wir gehen davon aus, dass es sich hier in vielen Fällen eher um Kurzarbeit als um Entlassungen handelt.

Wertsteigerungspotenzial ausgewählter Bottom-Line-Maßnahmen 2021 vs. 2019

Die Rolle des Einkaufs in der Pandemie

 

Der Einkauf gewinnt als Wertsteigerungshebel weiter an Bedeutung. Dennoch setzen sich lediglich knapp über die Hälfte der Firmen Einkaufsziele, um ihr Wertsteigerungspotenzial auszuschöpfen. Zwar ist die Tendenz steigend – noch vor der Pandemie haben rund 42 Prozent der befragten PE-Gesellschaften angegeben, ihren Portfoliounternehmen Einkaufsziele vorzugeben –, doch das Fehlen von Vorgaben stellt immer noch ein Defizit dar, das es zu beheben gilt.

  • „Hat sich die Bedeutung des Einkaufs als Wertsteigerungshebel verändert?“

  • „Setzen Sie Ihren Portfoliounternehmen Ziele hinsichtlich der Wertsteigerung durch Einkaufsoptimierung?”

  •  

    Nimmt man den Prozess der Zieldefinition noch genauer in Augenschein, wird weiter deutlich: Die Mehrheit der PE-Gesellschaften trifft ihre Entscheidungen nur auf internen Informationen. Diese stammen aus den Portfoliounternehmen oder haben ihren Ursprung in der eigenen Organisation.

  • „Wie definieren Sie Ziele für den Einkauf?”

Bedeutungszuwachs von Einkaufshebeln mit frühzeitiger und nachhaltiger Wirkung

Während Standardhebel im Einkauf wie Verhandlung, Ausschreibung, Bündelung oder Days Payable Outstanding (DPO) im Vergleich zur Studie 2019 einen ähnlichen Anwendungsgrad aufweisen, gewinnen sie als frühgreifende Hebel in der Pandemie weiter an Bedeutung. Mit 83 Prozent erscheinen sie den Teilnehmern am vielversprechendsten zur Verbesserung der Bottom-line.

Der Digitalisierung des Einkaufs bescheinigen 29 Prozent der Teilnehmenden grundsätzlich das höchste Potenzial. Gleichzeitig gibt die Hälfte der befragten PE- Gesellschaften an, dass gerade dieser Hebel im Einkauf noch nicht voll ausgeschöpft wird. Ein ähnliches Bild zeigt sich im Rahmen von Beratungsprojekten. Dort nimmt der Einsatz von Spend Analytics und e-Procurement-Tools wie “e-Auctions“ nun allerdings verstärkt an Fahrt auf.

Einkaufsoptimierungsmaßnahmen und ihre Potenziale

„Bitte beurteilen Sie die folgenden Einkaufsoptimierungsmaßnahmen hinsichtlich ihres Potenzials zur Verbesserung der Bottom-line eines Portfoliounternehmens.”

Angewandte Wertsteigerungsmaßnahmen mit Verbesserungspotenzial

„Welche Gruppe von Hebeln werden Ihrer Meinung nach in Ihren bisherigen Investitions aktivitäten noch nicht voll ausgeschöpft?”

Deutliche Unterschiede im Wertbeitrag des Einkaufs

Der Wertbeitrag, den die Einkaufsabteilungen von Portfoliounternehmen leisten, ist sehr unterschiedlich. In fast drei Viertel der Betriebe liegt er bei bis zu fünf Prozent pro Jahr. Immerhin 18 Prozent der Befragten erreichen einen Wertbeitrag von über 7,5 Prozent.

Vergleicht man den G&V relevanten jährlichen Wertbeitrag des Einkaufs (2019 vs. 2021) fällt auf, dass der Anteil der Unternehmen, deren Wertbeitrag des Einkaufs im “Mittelfeld” rangiert (5,1 -7,5 Prozent), schwindet.
Eine steigende Diskrepanz in den Einkaufsbeiträgen legt ein größer werdendes Leistungsgefälle nahe. Der immense Wertbeitrag, den die Beschaffung zu leisten im Stande wäre, scheint längst nicht von allen Unternehmen ausgeschöpft zu werden.

 

Beitrag des Einkaufs zur Wertsteigerung bei Exits

Unterschiede im Beitrag des Einkaufs zur Wertsteigerung zeichnen sich auch bei Exits nach durchschnittlich fünf bis sechs Jahren deutlich ab. Während die Mehrheit einen Gesamtbeitrag des Einkaufs von bis zu zehn Prozent angibt, erreichen die erfolgreichsten Einkäufer Wertbeiträge von über 25 Prozent.Im Vergleich zu 2019 wächst der Anteil der Exit-Fälle mit einem Wertsteigerungsbeitrag durch den Einkauf > 25 Prozent um drei Prozentpunkte.

„Bezogen auf die erreichte Wertsteigerung bei Exits Ihrer Portfoliogesellschaften, welchen Anteil hatten einkaufs- relevante Maßnahmen?“

Exkurs: Top-Performer vor der Pandemie

INVERTO hat in einer quantitativen Analyse die Entwicklung von Portfoliounternehmen aus dem Industriegüterbereich und der Prozessindustrie mit Unternehmen ohne PE-Beteiligung (Peer Group) von 2013 bis 2018 verglichen*. Wichtigste Erkenntnis der Studie: Private Equity Gesellschaften erzielten bei ihren Portfoliounternehmen eine signifikante Wertsteigerung. Sie erreichten ein deutlich höheres EBITDA- und Umsatzwachstum als Unternehmen ohne PEBeteiligung. Diese Beobachtung gilt über die gesamten fünf Jahre hinweg, die Schere öffnet sich von Jahr zu Jahr weiter.

 

Portfoliounternehmen verzeichnen im Betrachtungszeitraum durchschnittlich ein Umsatzwachstum von 28 Prozent, während Firmen ohne PE-Beteiligung 13 Prozent erreichen. Noch gravierender ist der Unterschied beim EBITDA: Hier gelang Portfoliounternehmen eine Steigerung um 42 Prozent, während sich die Vergleichsgruppe mit neun Prozent zufriedengeben musste.

 

Der Erfolg von Portfoliounternehmen beruht nicht ausschließlich auf Umsatzwachstum, sondern auch auf einer konsequenten Senkung der Sonstigen Betriebsaufwendungen

Die Analyse zeigt weiter, dass im Verhältnis zum Umsatz die Sonstigen Betriebsaufwendungen von Portfoliounternehmen innerhalb von zwei Jahren nach Übernahme durch die Private Equity Gesellschaft tendenziell sinken und sich über den Betrachtungszeitraum von fünf Jahren sogar um durchschnittlich neun Prozent reduzieren. Diese Verbesserung der Sonstigen Betriebsaufwendungen trägt, neben dem reinen umsatzbasierten Wachstum, wesentlich zu einer EBITDA-Steigerung bei.

 

„Best-in-Class“ EBITDA-Wachstum ist nur mit einer umfangreichen und nachhaltigen Verbesserung der Materialkosten erzielbar. Die Königsklasse unter den Portfoliounternehmen überzeugte durch einen starken Fokus auf Materiakostenreduzierung und steigerte dadurch ihr EBITDA-Wachstum auf 94 Prozent über den betrachteten Zeitraum von fünf Jahren.

 

Operative Exzellenz: Wie sich im Einkauf die Spreu vom Weizen trennt

In unsicheren Zeiten gewinnt das gesamte Portfolio an kurz- und langfristigen Maßnahmen innerhalb der Bottom-Line an Relevanz. Ein Ausbau der operativen Wertschöpfung ist daher unumgänglich. Um alle Maßnahmen effektiv ergreifen und vollumfänglich ausschöpfen zu können, sind zusätzliche Ressourcen, die frühzeitig in der Planung berücksichtigt werden müssen, unabdingbar. Dazu zählt zum einen das Aufstocken bzw. Einplanen von Experten, um auch kurzfristig hohe Wertbeiträge zu generieren. Zum anderen ist ein strategisches Investment in digitale Tools und zukunftsweisende Themen wie ESG nicht zu vernachlässigen. Grundsätzlich gilt es dabei immer, klare und ehrgeizige Optimierungsziele zu setzen!

1 Kurzfristiger Fokus mit Weitsicht auf komplexe, nachhaltige Maßnahmen

Schnell wirkende Basisstrategien wie Verhandlungen, Ausschreibungen, Bündelung oder DPO- Optimierung helfen, um mögliche Umsatzeinbrüche zu kompensieren und eine stabile Gewinnentwicklung während unsicherer Marktaussichten zu unterstützen.

Diese Maßnahmen sind notwendig und führen zu schnellen Ergebnissen. Ihr Wirkungsgrad ist allerdings begrenzt. Um das volle Potenzial für Kostensenkungen auszuschöpfen, sollten Unternehmen auch mit komplexeren Maßnahmen wie etwa Demand Management – der genauen Analyse aller Bedarfe – oder technischer Re-Spezifikation – beispielsweise der Suche nach Substituten für teure Rohstoffe – arbeiten. Private Equity Gesellschaften sind sich durchaus bewusst, dass sie hier mehr tun könnten: 43 Prozent der Studienteilnehmer sehen im Bereich der anspruchsvollen Hebel noch nicht ausgeschöpfte Potenziale.

Optimierungsansätze im Einkauf nach Komplexität und Zeithorizont

 

Komplexe Maßnahmen mit kurzfristiger Wirkung

Unter Berücksichtigung der gestiegenen Relevanz von schnellen und direkten Kostenreduktionen bieten komplexe Maßnahmen kaufmännischer Natur erhebliche Potenziale.

Statt klassischer Nachverhandlungen kann beispielsweise eine Vielzahl von Lieferanten über ein dezidiertes Eventgetriebenes Verhandlungsprogramm angegangen werden. Im Rahmen eines sogenannten Supplier Days werden A- und B-Lieferanten durch das Top-Management zu einer (virtuellen) Veranstaltung geladen. In unmittelbar darauffolgenden Block- bzw. Einzelverhandlungen werden Einsparungen und Optimierungen mit Entscheidungsträgern fixiert.

Auch die Institutionalisierung von Nachverhandlungen gemäß festgesetzter Schwellenwerte setzt erfahrungsgemäß erhebliche Potenziale frei. So können sämtliche Ausgaben im Bereich Indirect Spend und CapEx durch ein sogenanntes Fast Track Team analysiert, mit Benchmarks abgeglichen und je nach Freigabe-Entscheidung nachverhandelt werden. Erfolge durch die Nutzung digitaler Verhandlungstools müssen nicht zwangsläufig aussetzen, bis eine vollständige Digitalisierung des Einkaufs vollbracht ist. So lassen sich festgefahrene Sourcing-Szenarien über sogenannte E-Auctions, einer Auktionsform über elektronische Portale, auflösen.

Nachhaltige Einsparungen durch rechtzeitigen Fokus auf technische Hebel

Um Kosten nachhaltig zu optimieren, ist es wichtig frühzeitig Maßnahmen mit mittel- und langfristigem Zeithorizont zu ergreifen. Hierfür eignen sich insbesondere technische Hebel, die zwar eine längere Vorlaufzeit mit sich bringen, dafür jedoch große Potenziale bergen.

Eine wirkungsvolle Maßnahme ist die grundsätzliche Überprüfung der Bedarfsspezifikationen mit anschließender Entfeinerung. Dabei werden Spezifikationen minimalisiert und als neuer Standard oft standortübergreifend ausgerollt. Diese Technik findet zum Beispiel Anwendung, wenn ein Unternehmen an diversen Standorten verschiedene Verpackungseinheiten für grundsätzlich ähnliche Produkte im Einsatz hat. Die Entfeinerung kann sowohl für technische Bedarfe des direkten Beschaffungsvolumens als auch für indirekte Bedarfe und Dienstleistungen angewendet werden.

Darüber hinaus ist auch ein Re-Design der Anforderungen möglich. Beim Re-Design wird die grundsätzliche Art und Weise eines Produktes, beispielweise einer Verpackung, hinterfragt. Die Analyse umfasst das Konzept (was muss ich überhaupt schützen), die Bauweise (Geometrie und

Aufbau) sowie das verwendete Material (Wellpappe vs. Kunststoff oder Metall). Die Einführung von vollständig neuen Konzepten ist häufig mit sprunghaften Kostenreduktionen verbunden.

Auch datengetriebene Ansätze wie das Should Costing sind wesentlich einfacher und gängiger geworden. So ist es heute möglich, auf Basis einer breiten Datenbasis, Should Costing Analysen durchzuführen und so im Abgleich zu den bestehenden Kosten Potenziale bei den jeweiligen Lieferanten, aber auch in der internen Wertschöpfung, zu identifizieren. Diese Optimierungsmöglichkeiten können im Rahmen von Verhandlungen kurzfristig oder im Zuge von Lieferantenentwicklungen mittelfristig umgesetzt werden.

Die Höhe der erzielbaren Einsparungen bei technischen Hebeln ist stark von der Ausgangssituation und den eingekauften Komponenten abhängig und liegt – so die Erfahrung aus INVERTO-Projekten – durchschnittlich bei 14 Prozent.

Working Capital und Supply Chain Finance als Mittel zur Krisenbewältigung

Wie die Ergebnisse der Studie zeigen, wird der Optimierung des Working Capital im Zuge der Pandemie ein großes Potenzial zur operativen Wertsteigerung beigemessen. Working Capital Management kann in der Tat ein sehr hilfreiches Mittel zur Krisenbewältigung sein. Verschiedene Maßnahmen stehen hierbei zur Verfügung, um die Verbindlichkeiten, Forderungen und Lagerbestände zu adressieren, und damit sowohl „Quick-Wins“ als auch mittelfristige Verbesserungen zu erzielen.

Die Optimierung
des Working Capital darf jedoch nicht nur ein vorübergehender Agendapunkt sein. Die kontinuierliche und crossfunktionale Auseinandersetzung mit dem Thema ist ein Muss. Ebenso unerlässlich ist, ein grundlegendes Verständnis für Working Capital über alle operativen Ebenen zu schaffen. Wie erfolgreich Working Capital Maßnahmen wirken, hängt von dem auf die Unternehmensstrategie abgestimmten Steuerungsmodell ab. Neben klar definierten Working Capital Verantwortlichkeiten, insbesondere auf operativer Ebene, muss das Modell Analysen, Ziele, KPIs und ein Working Capital Berichtswesen umfassen. Nur dann können Kapitaleffizienz-Potenziale und Fähigkeiten innerhalb der Organisation allumfänglich gehoben und freigesetzt werden.

Wenn Unternehmen und deren Lieferanten gleichzeitig versuchen, ihr Working Capital für hohe Cash-Bestände zu optimieren, kann es zu Problemen kommen. Reverse Factoring bzw. Supply Chain Finance liefert in solchen Fällen die passende Lösung. Mittels dieser Finanzinstrumente werden Working Capital und Liquidität effektiver gesteuert. Supply Chain Finance bezieht die diversen Akteure entlang der Supply Chain mit ein und stützt sich nicht auf klassische Kredite. Letztlich geht es darum, hohe Geld- und niedrige Lagerbestände zu schaffen. Denn klug angelegt können die Gelder für Unternehmen arbeiten und so trotz der Niedrigzinsphase Renditen erzielen. Die Kooperation mit Finanzpartnern zur Freisetzung von Kapital durch individuell vereinbarte Zahlungsziele eröffnet Private Equities zusätzliche Möglichkeiten und kann dabei unterstützen, mit dem Working Capital verbundene KPIs zu erreichen.

2 Setzen ehrgeiziger und realistischer Einkaufsziele 

Die Einkaufsleistung ist stark mit der Festlegung von Zielen verbunden. Bei beständig hohen Asset-Multiples müssen realistische, aber auch ambitionierte Ziele definiert werden. Es ist daher verwunderlich, dass immer noch nur knapp über die Hälfte der Befragten (53 Prozent, siehe Diagramm Seite 8) ihren Portfoliounternehmen Ziele hinsichtlich der Wertsteigerung durch Einkaufsoptimierung setzt.

Einfluss der Zieldefinition auf die Wertsteigerung

Unterschied zwischen allen Teilnehmern und PE-Gesellschaften mit entweder jährlichem P&L-Einkaufsbeitrag < 2,5 % und/oder einkaufsbezogener Exit-Wertsteigerung < 10 %

Wie die Ergebnisse der INVERTO Umfrage nahelegen, kann ein schwacher Wertsteigerungsbeitrag des Einkaufs auf Defizite bei der Definition von Einkaufszielen zurückgeführt werden. PE-Gesellschaften mit geringem jährlichen G&V-Einkaufsbeitrag und/oder geringer einkaufsbezogener Exit-Wertsteigerung setzen kaum Ziele (nur 33 Prozent) und ziehen selten externe Berater in der Zieldefinition heran (nur 17 Prozent).

 

Profil der Top-Performer im Einkauf

 

Die konsequente Einbeziehung von Branchen- und Einkaufsexpertise in die Strategieformulierung ist jedoch entscheidend. PE-Gesellschaften mit höherem jährlichen P&L-Einkaufsbeitrag und/oder hoher einkaufsbezogener ExitWertsteigerung setzen größtenteils Ziele (67 Prozent) und ziehen externe Berater heran (67 Prozent). Die Mehrheit nutzt zudem das komplette Standard-Optimierungsset des Einkaufs (89 Prozent).

 

 

 

Unterschied zwischen allen Teilnehmern und PE-Gesellschaften mit entweder jährlichem P&L-Einkaufsbeitrag > 7,5 % und/oder einkaufsbezogener Exit-Wertsteigerung > 10 %

 

Externe Unterstützung für schnelle Resultate und hohe Wertgenerierung

Erfahrungsgemäß schaffen es die Einkäufer der Portfoliounternehmen kaum, ohne Support und neben den Aufgaben des Tagesgeschäftes, zusätzliche Einsparungen in signifikanter Höhe zu erzielen. Idealerweise erhalten sie daher Unterstützung durch Einkaufsexperten aus der Private Equity Gesellschaft selbst oder von externen Beratungsunternehmen.

Diese Beobachtung wird durch die Studie bestätigt. Knapp über die Hälfte (54 Prozent) der befragten Private Equities setzen in den operativen Bereichen ihrer Portfoliounternehmen externe Berater ein.

Einsatz externer Berater

Die wesentlichen Gründe für die Beauftragung einer Beratungsgesellschaft sind der Bedarf an einer objektiven Betrachtung (52 Prozent), fehlende fachliche Kompetenzen innerhalb des Portfoliounternehmens (48 Prozent) sowie mangelnde personelle Ressourcen.

Gerade wenn schneller Handlungsbedarf besteht, ist das Hinzuziehen externen Supports daher erfolgsentscheidend. Die Zahlen sprechen für sich: 89 Prozent der Top-Performer greifen auf externe Unterstützung zurück, um ihre Wertschöpfung zu steigern.

„Setzen Sie externe Berater ein, um eine Wert – steigerung für Ihre Portfolio unter nehmen zu erzielen (Fokus: Operational Performance Improvement)?“

„Warum setzen Sie externe Berater ein?”

3 Strategische Investitionen in Digitalisierung und Nachhaltigkeit des Einkaufs

Auch in Sachen Nachhaltigkeit gilt es am Ball zu bleiben. Laut Umfrage haben die sogenannten ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) in der Tat nicht an Bedeutung eingebüßt. 55 Prozent der Befragten PE-Gesellschaften bestätigen, dass Nachhaltigkeitskriterien eine wichtige Rolle bei Investitionsentscheidungen spielen und dies

durch die Pandemie auch nicht beeinträchtigt wurde. Priorität verloren hat das Thema angesichts von Corona nur bei neun Prozent der Studienteilnehmer.

Dass die Digitalisierung des Einkaufs weiter an Bedeutung gewinnen muss, hat gut die Hälfte (51 Prozent) der Befragten erkannt. Einig ist man sich jedoch auch, dass die durch Digitalisierung eröffnenden Vorteile und Chancen größtenteils noch ungenutzt sind. Das Problem liegt zum großen Teil an der Auswahl und den Investitionen, die die Implementierung von digitalen Lösungen erfordern. Intelligent gemacht, stellt sich bei Digitalprojekten allerdings schnell ein messbarer Return on Investment ein. Um langfristig einen erheblichen Wettbewerbsvorteil zu sichern, sollten PE-Gesellschaften das Thema unbedingt vorantreiben.

 

Um sozialen und ökologischen Mehrwert zu schaffen, muss ESG weiter thematisiert und verfolgt werden. Als Schnittstelle und ESG-„Umsetzungsorgan“, sind die Ziele und Aktivitäten des Einkaufs daher unter Berücksichtigung der ESG-Agenda zu definieren und daran auszurichten.

Wir nehmen ein gesteigertes Interesse an Sustainability- und ESG-Lösungen im Einkauf wahr. Gerade im PE Umfeld geht dies über reine Sustainability Ratings hinaus. Ganzheitliche Konzepte, die die gesamte Beschaffungsorganisation miteinbeziehen sind hier gefragt.“

Markus Bergauer, Managing Director und Sustainability-Experte

Fazit

Der Erfolg des Einkaufs – und damit auch des gesamten Unternehmens – beruht maßgeblich auf ehrgeizig gesetzten Zielen und der konsequenten Anwendung professioneller Methoden. Um aktuelle und zukünftige Herausforderungen meistern zu können, müssen die Ressourcen für eine Optimierung der operativen Wertsteigerung frühzeitig ausgebaut werden. Einen schnellen, direkten und höheren Impact erzielen PE-Gesellschaften durch das Zurückgreifen auf Experten aus der eigenen PE-Organisation oder Externe. Diese können neben den zusätzlich benötigten Ressourcen zur Ausschöpfung des kompletten Optimierungssets eine objektive Einschätzung abgeben und fehlende Kompetenzen in den Portfoliounternehmen ausgleichen.

Schnell wirkende Einkaufshebel helfen zwar, mögliche Umsatzeinbrüche zu kompensieren und eine stabile Gewinnentwicklung während unsicherer Markaussichten zu unterstützen. Für einen anhaltenden Erfolg müssen sie jedoch um komplexe und langfristige Maßnahmen ergänzt werden. Strategische Investitionen in Digitalisierung verbessern die Performance des Einkaufs nachhaltig und sollten unbedingt weiterverfolgt werden. Da Nachhaltigkeitskriterien für Unternehmen immer wichtiger werden, müssen PE-Gesellschaften in ihren Portfoliounternehmen darauf achten, dass die Ziele des Einkaufs auf die definierten ESG-Kriterien ausgerichtet sind. Auf diese Weise kann der Einkauf optimal dazu beitragen, sozialen und ökologischen Mehrwert zu schaffen.

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Unterstützung im Bereich Einkauf entlang des gesamten Private Equity Investitionsprozesses

 

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