Unternehmen brauchen Antworten, um faire Preise für sich auszuhandeln und die Lieferketten resilient aufzustellen.
Generative AI in der Healthcarebranche
Die Schleier lüften
Die westlichen Gesellschaften altern. Damit die Bürger:innen auch künftig auf ein zuverlässiges Gesundheitswesen vertrauen können und die Kosten der demografischen Entwicklung im Rahmen bleiben, benötigen Hersteller und Dienstleister effiziente Strukturen und Lieferketten. Immer mehr Unternehmen aus der Pharma- und Medizintechnikindustrie sowie Gesundheitsdienstleister setzen dafür auch Generative Künstliche Intelligenz (GenAI) ein.
GenAI unterstützt dabei, die komplexen Produktions- und Lieferstrukturen der Branche abzusichern. Denn Lieferketten von Medizintechnik– und Pharmaunternehmen sind global aufgestellt. Jahrzehntelang war dies kein Problem, doch seit der Pandemie und mit zunehmenden geopolitischen Spannungen ist das globale Healthcare-Netz anfällig für Störungen geworden. Unternehmen brauchen also Antworten, um faire Preise für sich auszuhandeln und die Lieferketten so resilient aufzustellen, dass sie jederzeit die Versorgung mit wichtigen Inhaltsstoffen oder Vorprodukten gewährleisten können. Digitale Tools wurden im Einkauf zunächst eingeführt, um Prozesse zu verschlanken und zeitintensive Routinetätigkeiten zu automatisieren.
Die Möglichkeiten von GenAI indes reichen weit darüber hinaus. Sie ermöglichen einen Paradigmenwechsel von Reaktion zum proaktiven Handeln: Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz können Mitarbeitende im strategischen Einkauf Risiken managen, Kosten präzise analysieren sowie simulieren und proaktiv mittel- und langfristige Sourcingstrategien entwickeln. KI verschafft Ihnen den nötigen Informationsvorsprung, um zum Treiber der Transformationsprozesse im Healthcare-Bereich zu werden, wie die folgenden Beispiele zeigen.
Unternehmen brauchen Antworten, um faire Preise für sich auszuhandeln und die Lieferketten resilient aufzustellen.
Der Markt der medizinischen Dienstleistungen ist aktuell geprägt von Konsolidierungen. Das gilt beispielsweise für Labore, Radiologie oder Zahnmedizin. Auch in der Pharmabranche gibt es zurzeit vermehrt Merger.
Unternehmen, die einen Merger anstreben, zielen darauf ab, Synergiepotenziale zu realisieren. Dabei spielt der Einkauf eine zentrale Rolle. Der Due Diligence, die einem Zusammenschluss vorangeht, sind allerdings enge gesetzliche Grenzen gesetzt: Um Kartelle zu verhindern, dürfen Unternehmen sensible Daten nicht gegenseitig bekannt geben. Das kann häufig dazu führen, dass die Möglichkeiten, Synergien zu heben, falsch eingeschätzt werden.
Tools wie der Synergie Evaluator setzen hier an: Um rechtskonform in einem Clean Team Set-up das vorhandene Potenzial zu analysieren, werden die vorhandenen Daten aus den beteiligten Unternehmen harmonisiert und anonymisiert in einem Dashboard zusammengeführt. Auf Basis qualitativer und quantitativer Benchmarks analysiert das Tool die Ausgaben beider Seiten in jeder Warengruppe, zeigt Optimierungspotenziale auf und schafft Transparenz über die künftigen Kostenstrukturen des entstehenden Unternehmens. Durch das Dashboard erhält der neu formierte Einkauf direkte Informationen, welche Initiativen sinnvoll sind und welche Einsparungen dadurch erzielt werden können. Auf dieser Basis ist es möglich, Synergieprojekte direkt ab dem ersten Tag der Post Merger Integration zu beginnen.
Seit den Lieferengpässen während der Pandemie haben die meisten Pharmaunternehmen ihr Risikomanagement deutlich verbessert. Sie verfügen heute über klar definierte Prozesse und Risk Committees, um schnell reagieren zu können und bei Bedarf direkt den Vorstand zu involvieren.
Dieses strukturierte Risikomanagement betrachtet jedoch häufig allgemeine Risiken in Märkten oder Warengruppen. Für hochkritische Materialen wie Active Pharmaceutical Ingredients (APIs) gibt es dagegen nur selten einen effektiven Prozess, um Risiken frühestmöglich zu antizipieren und wirksame Gegenmaßnahmen einzuleiten. Dabei sind APIs oftmals hohen Risiken ausgesetzt: Aufgrund enger gesetzlicher Rahmenbedingungen sowie langer Test- und Freigabeprozeduren sind Single Source Situationen bei APIs durchaus üblich. Die dadurch entstehende Abhängigkeit wird dann zum Problem, wenn der Lieferant nicht oder nicht ausreichend liefern kann oder seine Marktmacht nutzt, um überhöhte Preisforderungen durchzusetzen.
Angesichts dieser Kritikalität ist es sinnvoll, das konkrete Risiko für jedes API individuell zu definieren. Das ist möglich mit einem spezialisierten GenAI-Tool, das für jedes API das Risikoprofil in den zwei Dimensionen Risikowahrscheinlichkeit und -auswirkung individuell berechnet. Die Risikoauswirkung wird anhand des Umsatzes und der Bruttomarge des jeweiligen Wirkstoffs sowie der Produktstrategie bewertet: Besteht Patentschutz? Wie viele gleichartige Medikamente gibt es auf dem Markt?
Um die Risikowahrscheinlichkeit zu identifizieren, analysiert die Software Qualitäts-, Preis- und Lieferrisiken. Dazu zählt zum Beispiel die Gefahr, dass ein Wirkstoff nicht mehr verfügbar ist, etwa weil der Lieferant insolvent ist oder in einem Land beheimatet ist, das den Export beschränken könnte. Auf Basis unternehmensinterner Daten zum jeweiligen Lieferanten wird darüber hinaus überprüft, wie wahrscheinlich Verzögerungen bei den Lieferungen oder minderwertige Qualität sind. Die Betrachtung von Preisrisiken wiederum bezieht Daten externer Quellen ein, etwa ESG-Scorings, Rohstoffpreise oder Länderreports.
Aus all diesen Daten wird ein präzises Risikoprofil für jeden Wirkstoff samt Handlungsempfehlungen erstellt. Auf dieser Basis kann zum Beispiel ein Risk Committee Gegenmaßnahmen für jedes API individuell gestalten und so Risiken kontinuierlich minimieren. Informationen stehen frühzeitig zur Verfügung, so dass Unternehmen Risiken sofort erkennen, wenn sie eintreten, und direkt handeln können, um mögliche Schäden abzuwenden oder zumindest einzudämmen.
Einkäufer:innen aus der Medizintechnik und der Pharmabranche kennen in der Regel genaue Kostenzusammensetzung von Zulieferprodukten nicht. Sie können die echten Kosten basierend auf Einsatzmaterialien, Produktions- und Overheadkosten allenfalls schätzen. So haben Verhandler:innen ihren Lieferanten nichts entgegenzusetzen, wenn diese ihre Preisforderungen mit teureren Materialien oder sonstigen Kostenerhöhungen begründen.
Handelt es sich um eine Single Sourcing Situation, fällt darüber hinaus die Option, mit Hilfe weiterer Lieferanten Wettbewerb zu schaffen, aus. Ein l mit Hilfe von GenAI entwickeltes Should-Costing-Modell kann in dieser Situation Lösungen anbieten: Es berechnet die Kostenentwicklung für Produkte und ermöglicht dadurch faire Verhandlungen auf Basis von Fakten. Die KI bezieht zum Beispiel Rohstoffkosten, Energiepreise und Arbeitskosten im jeweiligen Produktionsland in die Should-Costing-Berechnung ein. Should-Costing-Modelle sind aber nicht nur hilfreich, um Verhandlungen vorzubereiten. Sie helfen auch dabei, weltweite Sourcing-Optionen zu analysieren und vergleichbar zu machen, etwa wenn die Frage für oder gegen Nearshoring-Lösungen beantwortet werden soll. Zudem können sie Möglichkeiten zur Substitution von Materialien oder zum Redesign identifizieren.