Handelsblatt - Palmöl-Exportverbot sorgt für rasanten Preisanstieg

Palmöl-Exportverbot sorgt für rasanten Preisanstieg – und Nervosität bei den Händlern

Der Inselstaat bringt den Weltmarkt in Turbulenzen. Die deutsche Nahrungsmittelindustrie zeigt sich unbesorgt – Alternativen für rohes Palmöl gibt es dennoch kaum.

Am Sonntag endet der Fastenmonat Ramadan. Und damit beginnt das Fest des Fastenbrechens, zweithöchster muslimischer Feiertag. In Indonesien, dem in der Bevölkerungszahl größten muslimischen Staat der Welt, soll das nach zwei Jahren Einschränkungen wieder angemessen zelebriert werden. Doch gibt es ein Hindernis: die stark gestiegenen Nahrungsmittelpreise.

Bürger in der Hauptstadt protestieren und fordern von der Regierung, das Essen erschwinglich zu machen. Indonesiens Präsident Joko Widodo reagiert – und verunsichert damit aktuell Händler und Verbraucher in der ganzen Welt. Der meist Jokowi genannte Regierungschef kündigte ein Exportverbot für Palmöl an, das ab Donnerstag gelten soll.

Das Speiseöl ist in großen Teilen Asiens ein Grundnahrungsmittel. Sinkt der Preis hierfür, wird das Kochen günstiger. In Industrieländern steckt das Öl derweil nicht nur in Nahrungsmitteln, sondern auch Kosmetikprodukten und Biokraftstoffen.

Und Indonesiens Exporte decken rund ein Drittel des Weltbedarfs an Palmöl. An den Terminmärkten in Südostasien schnellten die Preise für den Agrarrohstoff als Folge am Montag in die Höhe.

An der Börse in Kuala Lumpur verteuerten sich Juli-Lieferungen zeitweise um sieben Prozent, Mai-Lieferungen sogar um neun Prozent. Dies weckt die Sorge vor einem weiteren Kostenschock für die globale Lebensmittelindustrie, die unter anderem vom Krieg in der Ukraine belastet wird – das Land ist ein wichtiger Exporteur von Weizen und Sonnenblumenöl.

Indonesien kann wohl rohes Palmöl weiter liefern

Doch kurz vor Beginn des geplanten Ausfuhrverbots in Indonesien gibt es noch große Unklarheiten. Die Regierung in Jakarta hat bisher nicht im Detail erklärt, was genau unter die Maßnahme fallen soll. Unter Händlern setzte sich am Montagnachmittag die Vermutung durch, dass die Exportbeschränkungen womöglich nicht so strikt ausfallen wie befürchtet.

Der Finanzdienst Bloomberg berichtete unter Berufung auf Insider, dass rohes Palmöl von dem Ausfuhrverbot ausgenommen sein soll. Stattdessen beschränke sich das Vorhaben auf weiterverarbeitete Produkte. Als Reaktion auf die Marktspekulationen ging der Palmölpreis an den Rohstoffbörsen wieder deutlich zurück.

Auch aus deutschen Unternehmenskreisen wird diese Lesart bestätigt. Demnach beträfe der Exportstopp nicht das rohe Crude Palm Oil, was den Hauptanteil der Lieferkette nach Europa ausmache, heißt es dort. Auswirkungen auf den hiesigen Markt werden entsprechend als gering erachtet.

In Schwellenländern, die unter einer Verknappung des Rohstoffs besonders zu leiden hätten, sorgt die Nachricht etwas für Entspannung: „Wenn das tatsächlich stimmt, wäre das eine sehr positive Entwicklung“, sagte Sanjeev Asthana, Chef von Ruchi Soya, dem größten Speiseölhersteller Indiens. Das 1,4 Milliarden Einwohner zählende Land ist der größte Pflanzenölimporteur der Welt.

Eine vollständige Entwarnung wäre ein eingeschränkter Importstopp aber nicht: Das Palmölprodukt RBD, für das das Ausfuhrverbot nun voraussichtlich gelten soll, dominiert laut dem Datenanbieter Refinitiv Eikon Indonesiens Palmölexporte. So seien im vergangenen Jahr im Schnitt monatlich 620.000 Tonnen RBD ausgeführt worden und lediglich 100.000 Tonnen rohes Palmöl.

Die Angst vor massiven Einschnitten bleibt. Ausreichende Alternativen zu indonesischem Palmöl gebe es zumindest kurzfristig nicht, sagt Paul Mohr, Managing Director bei dem auf Einkauf und Beschaffung spezialisierten Beratungsunternehmen Inverto. Ein Exportstopp würde angesichts des Anteils am Weltmarkt erhebliche Auswirkungen haben, sagt er.

Palmöl: Hersteller rechnen mit steigenden Preisen

Laut Mohr wurde Palmöl als Ersatz für das durch den Krieg verknappte Sonnenblumenöl verwendet. „In der aktuellen Situation, wo es durch den weitgehenden Wegfall des Sonnenblumenöls schon eine echte Knappheit an Pflanzenöl und hohe Preise gibt, trifft die erneute Verknappung des Angebots natürlich die Lebensmittelhersteller“, sagt Mohr, „die deutschen genauso wie alle anderen auch.“

Viele Unternehmen wie der Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé oder die deutschen Einzelhändler beobachten erst einmal die Situation, wollen sich aber aktuell nicht äußern. Laut Mohr müssten sich Verbraucherinnen und Verbraucher aber mit Verzögerung auf weiter steigende Preise einstellen. Auch beim Lebensmittelkonzern Dr. Oetker rechnet man mit steigenden Preisen. Zugleich seien auch die Ernten für Raps- und Palmöl schlecht ausgefallen. „Die Preise für diese Öle bedingen sich gegenseitig, sodass auch wir den Preisanstieg spüren“, heißt es bei Dr. Oetker.

Palmöl: Indonesien als Lieferant in Deutschland wenig bedeutend

In Deutschland war Indonesiens Bedeutung als Palmöllieferant zuletzt zurückgegangen – möglicherweise auch infolge anhaltender Kritik an dortigen Plantagenbetreibern, die für die Abholzung von Regenwaldflächen verantwortlich gemacht werden. In Malaysia, dem zweitgrößten Palmöllieferanten der Welt, können Plantagenbetreiber nun darauf hoffen, durch die Beschränkungen in Indonesien höhere Preise zu erzielen.

Firmen wie Plätzchen-Hersteller Bahlsen, Tiefkühlpizzaproduzent Dr. Oetker oder Süßwarenhersteller Ferrero sehen derzeit noch keine Probleme, ihre Bedarfe an Palmöl zu decken. Bei Ferrero heißt es, man beziehe derzeit mehr als zwei Drittel seines Palmöls aus Malaysia: „Wir beobachten die Entwicklungen sehr aufmerksam, zum jetzigen Zeitpunkt ist es allerdings zu früh, eine abschließende Einschätzung zu den Folgen abzugeben.“

Quelle: handelsblatt.com vom 29.04.2022

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