Inverto-Studie: Rohstoffversorgung der Lieferanten immer im Blick behalten!

Seit Beginn der Corona-Pandemie haben die Preise für Industrierohstoffe eine beispiellose Achterbahnfahrt erlebt, was Rohstoffeinkäufern Sorgenfalten auf die Stirn getrieben hat. So berichten neun von zehn Unternehmen, die an der jüngsten Inverto-Rohstoffstudie teilgenommen haben, dass sie nicht immer alle Rohstoffe im gewünschten Umfang bekommen haben. Eine echte Entspannung der Situation zeichnet sich nicht ab. Unternehmen sollten daher Rohstoffe in ihr Risikomanagement einbeziehen.

Am schwierigsten war im Zeitraum der Umfrage die Versorgung mit Kunststoffen, wo 35 Prozent der Teilnehmer Knappheit sehen, mit Nichteisenmetallen und Stahl (31 Prozent) sowie mit Holz, Papier und Celluloseprodukten (33 Prozent). Wie schnelllebig die Entwicklung auf den Rohstoffmärkten zurzeit ist, zeigt die Tatsache, dass im Sommer zwar 48 Prozent der Befragten bei Aluminium Preissteigerungen wahrgenommen haben, aber nur 17 Prozent eingeschränkte Verfügbarkeit. Nur kurze Zeit später drohte der Industrie das Aluminium auszugehen, da in China die Produktion von Magnesium, das in jedem Aluminium-Produkt enthalten ist, wegen Energiemangels weitgehend eingestellt wurde. Seit Anfang Dezember beruhigt sich die Situation, denn die Produktion von Magnesium wurde in China wieder hochgefahren.
So besteht die Hoffnung, dass die Auswirkungen des Produktionsstopps geringer ausfallen als anfangs befürchtet. Die chinesische Politik hat laut Analysten auch bei Eisenerz zu einem massiven Preiseinbruch geführt: Ebenfalls wegen Energiemangels wurde die Stahlproduktion gesenkt. Daher ist die Nachfrage nach Eisenerz auf dem Weltmarkt zurzeit weitaus geringer als üblich. Der Preis für Eisenerz hat sich seit einem Höchststand im Juli etwa halbiert, während der Stahlpreis trotz Rekordproduktion auf hohem Niveau stagniert. Auch hier wird abzuwarten sein, wann und in welchem Ausmaß in China die Produktion wieder ausgeweitet wird.

Auf Verknappungen frühzeitig reagieren

Die Beispiele zeigen, dass sich bei einzelnen Rohstoffen die Lage sehr schnell ändern kann, insbesondere durch pandemiebedingte Schließungen oder politische Entscheidungen. Wir empfehlen Unternehmen deswegen, die Rohstoffversorgung von Schlüssellieferanten sowie die Entwicklung auf den Weltmärkten genau zu beobachten. So können sie frühzeitig mit einer Task Force und erhöhten finanziellen Mitteln reagieren, um die Versorgung abzusichern, sobald sich Knappheiten abzeichnen.

Wenig überraschend zeigt unsere Studie, dass die steigenden Preise den Geschäftserfolg angreifen. 92 Prozent der Studienteilnehmer befürchten trotz Gegenmaßnahmen eine sinkende Marge infolge der teuren Rohstoffe. Die am häufigsten von Unternehmen ergriffene Maßnahme, um die Versorgung zum bestmöglichen Preis sicherzustellen, ist die Analyse der Supply Chain und der Aufbau von Lagerbeständen. Dies handhaben gut zwei Drittel der Befragten so. Mehr als die Hälfte (55 Prozent) hat – auch in Folge der Pandemie – neue Lieferanten angesprochen, während knapp jedes zweite Unternehmen (43 Prozent) Bestellmengen zwischen bereits bekannten Lieferanten verschoben hat. Nach Möglichkeit wollen die Unternehmen die gestiegenen Kosten an ihre eigenen Kunden weitergeben. Allerdings sind nur 42 Prozent optimistisch, dass ihnen das auch gelingt. Im Einkauf indes können die Firmen den gestiegenen Kosten nicht ausweichen: So haben Festpreismodelle im Vergleich zu den Vorjahresstudien abgenommen, oder Lieferanten akzeptieren nur noch kurze Zeitspannen, in denen sie Festpreise garantieren. Zugenommen haben demgegenüber Preismodelle, bei denen für den Rohstoffanteil Gleitklausen oder Zuschläge definiert wurden. Über 40 Prozent der Befragten sind außerdem gezwungen, zumindest für einige der benötigten Materialien Spotpreise zu zahlen. Das ist jedoch häufig die teuerste Lösung – und in jedem Fall die unberechenbarste.

Versorgungssicherheit hat Vorrang

Unternehmen können den Entwicklungen auf den Weltmärkten nicht entkommen. Ihre Wettbewerber allerdings ebensowenig. Deswegen sollten Einkäufer einen kühlen Kopf bewahren und sich auf die Versorgungssicherheit konzentrieren, um lieferfähig zu bleiben. Wer angesichts knapper Ressourcen weiter produzieren kann, dem eröffnet sich die Chance, Marktanteile zu gewinnen. Im Vorteil sind ferner diejenigen, die im engen Austausch mit ihren Lieferanten stehen, ein vertrauensvolles Verhältnis aufgebaut haben und sich viel Zeit für Gespräche nehmen. Wer als zuverlässiger Partner wahrgenommen wird und geschickt verhandelt, muss wahrscheinlich geringere Preisaufschläge hinnehmen als Kunden, die als unzuverlässig gelten. Das zahlt unmittelbar auf die Profitabilität ein. In der aktuellen Situation sind Preismodelle mit indexbasierter Gleitklausel sinnvoller als Verträge mit Festpreisen. So profitieren Unternehmen automatisch, wenn die Kosten wieder sinken, und Lieferanten erhalten ein faires Entgelt für ihren Wertschöpfungsanteil. Zudem bietet das Modell eine Argumentationshilfe, um gestiegene Kosten an die eigenen Kunden weiterzugeben.

Kenntnis über Rohstoffanteil fehlt häufig

Voraussetzung für indexbasierte Gleitklauseln ist natürlich eine genaue Kenntnis des Materials. Einkäuferinnen müssen wissen, wie hoch der Rohstoffanteil in einem Vorprodukt ist, um derartige Preismodelle auszuhandeln. In der Praxis beobachten wir allerdings häufig, dass diese Kenntnis fehlt. Hier sollte der Einkauf mit den Experten aus Entwicklung und Produktion zusammenarbeiten und mit Hilfe spezieller Software (Should Costing) die Kosten wichtiger Vorprodukte analysieren. Das bedeutet zwar einen gewissen Aufwand, doch der zahlt sich in Preisverhandlungen definitiv aus. Die Kompromissbereitschaft im Hinblick auf steigende Rohstoffkosten ist bei Kunden zurzeit sehr unterschiedlich ausgeprägt. Besonders problematisch ist die Situation bei Lieferanten in der Mitte der Lieferkette, zum Beispiel in der Automobilindustrie: Sie können sich oft nicht gegen Preiserhöhungen wehren, können die gestiegenen Kosten aber auch nicht einfach weitergeben. Kunden sollten sich bewusst machen, dass ein Lieferant, der in einer „Sandwichposition“ nicht mehr profitabel arbeiten kann, dem Druck aus beiden Richtungen nicht dauerhaft wird standhalten können. „Pain Sharing“ ist hier definitiv der bessere Ansatz.

Mehr Risikomanagement und höhere Lagerbestände

Die Turbulenzen an den Rohstoffmärkten zeigen, wie wichtig ein professionelles Risikomanagement und eine vorausschauende verbindliche Planung sind. In beiden Bereichen haben Unternehmen durch Corona dazugelernt: 74 Prozent der Studienteilnehmer sagen, dass das intensivierte Risikomanagement auch nach der Pandemie Bestandteil ihrer täglichen Arbeit sein wird. 51 Prozent wollen vermehrt von „Just-in-Time“ abrücken und wieder größere Läger aufbauen, während 49 Prozent erwarten, in künftigen Krisen koordinierter vorgehen zu können.

Autor: Dow Jones
Quelle: MBI – Einkäufer im Mark, 14.01.2022

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